18.10.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil28.04.2015

Bonuszahlungen der Krankenkasse mindern Sonder­aus­ga­be­nabzug für Kranken­versicherungs­beiträge nichtKranken­ver­si­che­rungs­beiträge zur Basis­ab­si­cherung dürfen nicht um gezahlten Bonus gekürzt werden

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat als bundesweit erstes Finanzgericht entschieden, dass der für Kranken­versicherungs­beiträge vorzunehmende Sonder­aus­ga­be­nabzug nicht um Zahlungen zu kürzen ist, die von der Krankenkasse im Rahmen eines "Bonusprogramms" geleistet werden.

Die Kläger des zugrunde liegenden Falls machten in ihrer Einkom­men­steu­e­r­er­klärung für 2012 Arbeit­neh­mer­beiträge der Klägerin zur gesetzlichen Kranken- und Pflege­ver­si­cherung (Basis­ab­si­cherung) als Sonderausgaben geltend (2.663 Euro). Im Einkom­men­steu­er­be­scheid wurden diese Beiträge vom beklagten Finanzamt gekürzt, weil die Klägerin im Rahmen eines Bonusprogramms von ihrer Krankenkasse 150 Euro erhalten hatte.

Bonuszahlungen der Krankenkasse ist keine Beitrags­rü­ck­er­stattung

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und machten geltend, bei der Zahlung handle es sich nicht um eine Beitrags­rü­ck­er­stattung. Es handle sich vielmehr um einen Zuschuss der Krankenkasse, weil die Klägerin an dem Bonusmodell "Vorsorge PLUS" teilgenommen habe. Danach erhalte derjenige, der bestimmte Vorsor­ge­maß­nahmen (z.B. Krebs­vor­sor­ge­un­ter­suchung) durchgeführt habe, am Jahresende einen Zuschuss der Krankenkasse von bis zu 150 Euro jährlich zu seinen Kosten für Gesund­heits­maß­nahmen, die privat zu zahlen und nicht im Versi­che­rungs­umfang enthalten seien (z.B. Massagen, homöopathische Arzneimittel, Nahrungs­er­gän­zungs­mittel, Gesund­heits­reisen, Eigenleistungen zur Gesund­heits­vorsorge wie z.B. Fitness-Studio oder Sportverein).

Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge sind in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig

Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruch­s­ent­scheidung vom 20. Februar 2014 als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Klage der Kläger hatte Erfolg. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz kam zu dem Ergebnis, dass die Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge der Klägerin zur Basis­ab­si­cherung in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig sind und nicht um den von der Krankenkasse gezahlten Bonus gekürzt werden dürfen.

Basis­ab­si­cherung bei Kranken- und Pflege­ver­si­cherung ebenfalls in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass nach der seit Januar 2010 geltenden Neuregelung zur Berück­sich­tigung von Kranken- und Pflege­ver­si­che­rungs­bei­trägen die Beiträge zur privaten oder gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung für eine Absicherung auf sozia­l­hil­fe­gleichem Versor­gungs­niveau (Basis­ab­si­cherung) in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar seien.

FG verneint "Gleichartigkeit" zwischen Kranken­ver­si­che­rungs­bei­trägen und Bonuszahlung der Krankenkasse

Zwar dürften nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuer­pflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sei. Eine Verrechnung von Kranken­ver­si­che­rungs­bei­trägen mit Erstattungen oder Zuschüssen setze allerdings deren "Gleichartigkeit" voraus. Eine solche "Gleichartigkeit" bestehe zwischen den Kranken­ver­si­che­rungs­bei­trägen der Klägerin und der Bonuszahlung der Krankenkasse nicht. Die Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge dienten der Absicherung des Risikos, Kosten im Krankheitsfall selbst tragen zu müssen, allerdings nur in Bezug auf solche Kosten, die die Basisversorgung betreffen würden, weil nur diese versichert sei. Mit diesem (begrenzten) Versi­che­rungs­schutz stehe die Bonuszahlung nicht im Zusammenhang. Da nämlich alle Versi­che­rungs­mit­glieder - ob sie nun an dem Bonusmodell teilnehmen würden oder nicht - Anspruch auf sämtliche Versi­che­rungs­leis­tungen (zur Basisversorgung) hätten, sei der Versi­che­rungs­schutz (Basis­ab­si­cherung) unabhängig von der Teilnahme am Bonusprogramm gegeben. Es fehle daher an der erforderlichen "Gleichartigkeit" zwischen der Bonuszahlung und den Beiträgen der Klägerin zu ihrer Basis-Kranken­ver­si­cherung, weil die Bonuszahlung nicht der Erlangung des Versi­che­rungs­schutzes diene. Außerdem könnten die Bonuszahlungen der Krankenkasse auch deshalb nicht als Rückerstattung von Beiträgen zur Basis-Kranken­ver­si­cherung qualifiziert werden, weil mit dieser Zahlung lediglich solche Krank­heits­kosten erstattet worden seien, die außerhalb des Versi­che­rungs­schutzes angefallen und daher von der Klägerin selbst zu tragen gewesen seien. Eine Gleichartigkeit von solchen Bonuszahlungen mit Sonderausgaben würde voraussetzen, dass der Versi­che­rungs­schutz auch die selbst getragenen Aufwendungen umfasst hätte. Dies sei hier nicht der Fall.

Bonuszahlungen können abziehbare Basis-Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge nicht mindern

Im Übrigen sei auch das Bundes­mi­nis­terium der Finanzen der Auffassung, dass Basis-Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge nur durch Beitrags­rü­ck­er­stat­tungen bzw. Bonuszahlungen gemindert werden könnten, "soweit sie auf die Basis-Absicherung entfallen" würden. Da die Bonuszahlung im vorliegenden Fall allerdings keine Aufwendungen erstattet habe, die von der Basis-Absicherung umfasst würden (s.o.), könnten die Bonuszahlungen die abziehbaren Basis-Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge nicht mindern.

FG lässt Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil noch keine Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs dazu vorliegt, ob der Sonder­aus­ga­be­nabzug für Beiträge eines Steuer­pflichtigen zur Basis-Kranken­ver­si­cherung um Bonuszahlungen der hier vorliegenden Art (Zahlung der Krankenkasse im Rahmen eines "Bonusprogramms") gekürzt werden darf.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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