18.10.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil17.02.2009

Lehrer können Arbeitszimmer nicht absetzenNeuregelung des EStG 2007 zur Behandlung von Aufwendungen für Arbeitszimmer nicht verfas­sungs­widrig

Das häusliche Arbeitszimmer ist seit einer gesetzlichen Neuregelung, die im Januar 2007 in Kraft trat, nicht mehr von der Steuer absetzbar. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte über diese Neuregelung zu entscheiden und stufte sie als ein. Die Richter wiesen daher die Klage eines Lehrer-Ehepaares ab, die ihr häusliches Arbeitszimmer von der Einkommensteuer absetzen wollten.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zu der Frage Stellung genommen, ob die Nichteintragung eines Freibetrages für Arbeitszimmer - AZ - auf der Lohnsteuerkarte rechtswidrig war.

Sachverhalt

Die Kläger sind beide Lehrer und nutzen in ihrem Einfamilienhaus jeweils ein AZ. In den Vorjahren hatte das Finanzamt – FA – die von den Klägern insoweit geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht­selb­ständiger Arbeit berücksichtigt.

Im Jahre 2006 beantragten die Kläger bei dem FA für das Jahr 2007 jeweils einen Freibetrag für ein häusliches AZ in Höhe von je 1.250.- € auf der Lohnsteuerkarte einzutragen. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, dass nach dem Steuer­än­de­rungs­gesetz 2007 ab dem Veran­la­gungs­zeitraum 2007 eine Abzugsfähigkeit nur gegeben sei, wenn das AZ den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstelle. Diese Voraussetzungen seien bei den Klägern aufgrund ihrer Tätigkeit in der Schule nicht erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs – BFH – stelle das häusliche AZ eines vollzeit­be­schäf­tigten Lehrers an einer Schule nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit dar.

Kläger sehen mehrere verfas­sungs­rechtliche Verstöße

Mit ihrer dagegen angestrengten Klage machten die Kläger u.a. geltend, nach der neuen Regelung entfalle nunmehr die Abzugsfähigkeit der Kosten des AZ. Hierin liege ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip, der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungs­fä­higkeit werde verletzt. Lehrer verfügten für einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit nicht über einen anderen Arbeitsplatz.

Richter: Neuregelung ist nicht rechtswidrig

Die Klage hatte allerdings keinen Erfolg. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, dass die Nichteintragung eines Freibetrages für ein AZ in Höhe von jeweils 1.250.- € auf den Lohnsteu­er­karten 2007 nicht rechtswidrig gewesen sei. Nach der gesetzlichen Neuregelung seien Aufwendungen für ein häusliches AZ nur noch dann berück­sich­ti­gungsfähig, wenn das AZ den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilde. Das FG folge der ständigen Rechtsprechung des BFH, wonach das häusliche AZ eines in Vollzeit beschäftigten Lehrers in aller Regel nicht den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstelle. Es bestünden zwar gewisse Zweifel, ob das Steuer­än­de­rungs­gesetz 2007 mit dem allgemeinen Gleich­heits­grundsatz des Art. 3 Grundgesetz vereinbar sei. Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz hält sich die entsprechende Geset­ze­s­än­derung gerade noch im Rahmen des dem Gesetzgeber eröffneten Gestal­tungs­spielraums, denn im Bereich des Steuerrechts habe der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuer­ge­gen­standes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden Entschei­dungs­spielraum.

Gesetzgeber darf vereinfachen und typisieren

Hinsichtlich der Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung sei zu sehen, dass jede gesetzliche Regelung verallgemeinern müsse. Bei der Ordnung von Masse­n­er­schei­nungen sei der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungs­be­dürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergebe. Auf dieser Grundlage dürfe er typisierende pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Die Neuregelung werde den verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen gerade noch gerecht. Die Norm weiche zwar von dem nach dem Nettoprinzip maßgeblichen Veran­las­sungs­prinzip ab. Verfas­sungs­rechtlich hinreichende sachliche Gründe für diese Abweichung ergäben sich aber aus den gesetz­ge­be­rischen Typisie­rungs­be­fug­nissen unter dem Aspekt gemischt veranlasster Aufwendungen.

Lehrer können auch in sonstigen Räumen oder einer "Arbeitsecke" arbeiten - Arbeitszimmer nicht zwangsläufig erforderlich

Zwar seien Lehrer arbeits- oder dienstrechtlich verpflichtet, ihren Unterricht vor- und nachzubereiten, wobei es sich dabei um Tätigkeiten handele, die ein Lehrer im häuslichen Bereich verrichten müsse, wenn ihm in der Schule kein entsprechender Raum zur Verfügung stehe. Dafür lasse sich aber für den Regelfall nicht ohne Weiteres der Schluss ziehen, dass hierfür zwangsläufig pflicht­be­stimmte Aufwendungen für ein vom privaten Bereich getrenntes AZ anfallen würden, weil die Tätigkeiten ausschließlich nur in einem solchen Raum ausgeübt werden könnten. Sie könnten vielmehr auch in sonstigen Räumen oder einer „Arbeitsecke“ verrichtet werden. Andererseits führe ein zusätzlicher Raum eines AZ insgesamt zu einer Steigerung der Wohnqualität, die hierfür getätigten Aufwendungen stellten – anders als etwa die Fahrten zur Arbeitsstätte – keine unaus­weich­lichen Ausgaben dar.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.02.2009

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