18.10.2024
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Finanzgericht Münster Beschluss08.05.2009

Finanzgericht Münster hält Neuregelung zum häuslichen Arbeitszimmer für verfas­sungs­widrigRegelung zum Abzug von Werbungskosten verstößt in Teilen gegen den Gleich­heits­grundsatz

Das Finanzgericht Münster hält die ab dem Jahr 2007 geltende Regelung zum Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz zumindest teilweise für verfas­sungs­widrig. Er hat daher das finanz­ge­richtliche Verfahren ausgesetzt und die Frage der Verfas­sungs­wid­rigkeit der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht vorgelegt.

Im Streitfall hatte das Finanzamt die vom Kläger – einem Lehrer – geltend gemachten Werbungskosten für sein häusliches Arbeitszimmer unter Hinweis auf die ab 2007 geltende gesetzliche Neuregelung nicht anerkannt, weil hiernach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht mehr abziehbar sind. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Da dies bei einem Lehrer nicht der Fall ist, scheidet nach der Neufassung des Gesetzes der Werbungs­kos­te­nabzug insgesamt aus, und zwar selbst dann, wenn – wie im Streitfall – für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie die Klausu­ren­kor­rektur kein Arbeitsplatz an der Schule zur Verfügung steht. Bis zur Neufassung des Gesetzes konnten Arbeitnehmer, denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, immerhin Werbungskosten bis zu einem Betrag von 1.250 EUR absetzen.

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer müssen dann abziehbar sein, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht

Das Finanzgericht hält die Neuregelung jedenfalls insoweit für verfassungswidrig, als sie die Berück­sich­tigung der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer ausschließt, obwohl für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Regelung – so der Senat – könne wegen des Wortlautes und des erkennbaren Gesetzeszweckes nicht verfas­sungs­konform ausgelegt werden. Sie verstoße gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz (Art. 3 GG), das Gebot der Folge­rich­tigkeit und das objektive Nettoprinzip. Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer seien jedenfalls dann Erwer­b­s­auf­wen­dungen, wenn dem Steuer­pflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Das nunmehr geltende Abzugsverbot benachteilige die Betroffenen im Vergleich mit Steuer­pflichtigen, bei denen der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liege. Auch gegenüber denjenigen, die ein außerhäusliches Arbeitszimmer nutzten, seien sie benachteiligt. Eine Rechtfertigung hierfür ergebe sich weder aus dem Ziel der Haushalts­kon­so­li­dierung noch aus der Typisie­rungs­kom­petenz des Gesetzgebers. Auch andere Gründe, wie das Bestehen einer besonderen Missbrauchs­gefahr oder eine Verwal­tungs­ver­ein­fachung, könnten das Abzugsverbot nicht rechtfertigen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 8/09 des FG Münster vom 18.05.2009

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