23.11.2024
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Finanzgericht Münster Urteil12.11.2021

Mieter­ab­fin­dungen können Herstel­lungs­kosten darstellenUnmittelbare Veranlassung durch bauliche Maßnahme genügt

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass an Mieter gezahlte Abfindungen für die vorzeitige Räumung der Wohnungen zum Zweck der Durchführung von Renovierungs­maßnahmen zu anschaf­fungsnahem Herstel­lungs­aufwand führen.

Die Klägerin ist eine GbR, deren Gesell­schaftszweck die Vermietung von Grundstücken ist. Im Jahr 2016 erwarb sie eine denkmal­ge­schützte Immobilie mit vier Wohnungen für 1,2 Mio. €, die sie in den folgenden zwei Jahren für 615.000 € renovierte. Vom Kaufpreis entfielen 836.818 € auf das Gebäude. Um die früheren Mieter zum vorzeitigen Auszug zu bewegen und die Renovie­rungs­a­r­beiten dadurch einfacher zu gestalten, zahlte die Klägerin Mieter­ab­fin­dungen von insgesamt 35.000 €. Diesen Betrag machte sie als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend. Das Finanzamt behandelte die Abfindungen dagegen als anschaf­fungsnahe Herstellungskosten.

Unmittelbarer Zurechnungs- bzw. Veran­las­sungs­zu­sam­menhang zu der baulichen Maßnahme ausreichend

Das FG Münster hat die Klage abgewiesen. Die Mieter­ab­fin­dungen seien gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als anschaf­fungsnahe Herstel­lungs­kosten zu behandeln. Der Wortlaut dieser Vorschrift sei so gefasst, dass als Aufwendungen "für" Instandsetzungs- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen nicht nur Baukosten im technischen Sinne in Betracht kämen. Vielmehr reiche ein unmittelbarer Zurechnungs- bzw. Veran­las­sungs­zu­sam­menhang zu der baulichen Maßnahme aus. Für dieses weite Verständnis spreche der Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach die Renovierung einer Immobilie unmittelbar nach deren Erwerb steuerlich mit dem Erwerb einer bereits renovierten und damit teureren Immobilie gleichgestellt werden solle. Im letztgenannten Fall hätten sich vom Verkäufer zum Zweck der Renovierung getragene Mieter­ab­fin­dungen in einem höheren Kaufpreis nieder­ge­schlagen. Wäre eine Differenzierung danach erforderlich, ob Aufwendungen unmittelbar für eine bauliche Maßnahme aufgewendet werden, könne der mit der typisierenden Regelung verfolgte Zweck der Rechts­ver­ein­fachung und -sicherheit nicht erreicht werden.

Auslegung stehe auch mit der Systematik weiterer gesetzlicher Regelungen in Einklang

Diese Auslegung stehe auch mit der Systematik weiterer gesetzlicher Regelungen in Einklang. Dem Herstel­lungs­kos­ten­begriff nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB liege ebenfalls ein weites Verständnis zugrunde. Insoweit sei geklärt, dass Abstands­zah­lungen an Mieter zur vorzeitigen Räumung einer Immobilie mit dem Ziel einer Neubebauung zu den Herstel­lungs­kosten des neuen Gebäudes zählten. Hierfür spreche auch die Entste­hungs­ge­schichte des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, wodurch eine frühere Verwal­tungs­vor­schrift gesetzlich festgeschrieben worden sei. Diese Verwal­tungs­vor­schrift habe eine Typisierung des Herstel­lungsfalls der wesentlichen Verbesserung enthalten, sodass die Grundsätze zum Herstel­lungs­kos­ten­begriff auch bei anschaf­fungsnahem Aufwand anzuwenden seien. Unter Einbeziehung der weiteren Renovie­rungs­kosten sei die im Gesetz genannte 15 %-Grenze in Bezug auf die Anschaf­fungs­kosten des Gebäudes überschritten. Die Abfindungen seien auch unmittelbar durch die Renovie­rungs­maß­nahmen veranlasst, weil diese durch den Auszug der Mieter schneller und einfacher durchzuführen gewesen seien.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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