21.11.2024
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Finanzgericht Münster Urteil21.11.2014

Kosten des Schei­dungs­pro­zesses weiterhin als außer­ge­wöhnliche Belastungen abziehbarGerichts- und Anwaltskosten des Schei­dungs­pro­zesses entstehen zwangsläufig und sind damit abzugsfähig

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Scheidungs­prozess­kosten auch nach der ab dem Jahr 2013 geltenden gesetzlichen Neuregelung als außer­ge­wöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin und ihr Ehemann ließen sich im Jahr 2013 scheiden. Bereits im Vorfeld hatten die Eheleute eine notarielle Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­barung getroffen, mit der die Klägerin den hälftigen Mitei­gen­tums­anteil am gemeinsamen Grundstück erwarb und sich zur Zahlung eines Ausgleichs­be­trages an ihren Ehemann zur Abgeltung aller Ansprüche verpflichtete. Im Rahmen ihrer Einkom­men­steu­e­r­er­klärung machte die Klägerin die Kosten des Schei­dungs­pro­zesses und der Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­barung sowie die Ausgleichs­zahlung an ihren Ehemann als außer­ge­wöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug vollständig und wies auf die ab 2013 geltende Regelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG hin, nach der Prozesskosten und damit auch Schei­dungs­kosten grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen seien.

FG Münster bejaht Abzug von Gerichts- und Anwaltskosten als außer­ge­wöhnliche Belastungen

Das Finanzgericht Münster gab der Klage teilweise statt. Die Gerichts- und Anwaltskosten des Schei­dungs­pro­zesses seien außer­ge­wöhnliche Belastungen. Die Kosten seien zwangsläufig entstanden, weil eine Ehe nur durch ein Gerichts­ver­fahren aufgelöst werden könne. Dem stehe die Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht entgegen, denn ohne den Schei­dungs­prozess und die dadurch entstandenen Prozesskosten liefe die Klägerin Gefahr, ihre Existenz­grundlage zu verlieren und ihre lebens­not­wendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Der Begriff der Existenz­grundlage sei nicht rein materiell zu verstehen, sondern umfasse auch den Bereich des bürgerlichen Lebens und der gesell­schaft­lichen Stellung. Dies erfordere die Möglichkeit, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Für ein solch weites Verständnis des Begriffs spreche auch die Absicht des Gesetzgebers, lediglich die umfassende Ausweitung der Abzugsfähigkeit von Prozesskosten durch die seit dem Jahr 2011 geltende Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs wieder einzuschränken. Zwangsläufig entstandene Schei­dungs­kosten seien aber schon seit früherer langjähriger Rechtsprechung als außer­ge­wöhnliche Belastungen anerkannt gewesen. Diese Abzugs­mög­lichkeit habe der Gesetzgeber nicht einschränken wollen.

Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­barung nicht abzugsfähig

Allerdings seien die Kosten für die Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­barung nicht abzugsfähig, da diese Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden und auch nach der früheren Rechtsprechung nicht abzugsfähig gewesen seien. Die Ausgleichs­zahlung selbst stelle bereits keine außer­ge­wöhnliche Belastung dar, sondern vielmehr eine Gegenleistung der Klägerin für den Erwerb des Miteigentums am Grundstück und für die Abgeltung weiterer Ansprüche.

Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online

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