Finanzgericht Münster Urteil12.02.2019
Prozess für Umgangs- und Namensrecht eines Kindes führt nicht zu außergewöhnlichen BelastungenAbzug der Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen nur bei Gefährdung der materiellen Lebensgrundlagen möglich
Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit der Beurkundung des Nachnamens eines minderjährigen Kindes sowie mit dem Umgangsrecht für dieses Kind entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist Mutter eines 2010 geborenen Sohnes, der im Streitjahr 2014 noch bei ihr gelebt hatte. Mit dem Kindesvater, einem Niederländer, führte sie rechtliche Auseinandersetzungen in Bezug auf den Sohn. Hierbei ging es zum einen um die vom Vater in den Niederlanden vorgenommene standesamtliche Beurkundung des Nachnamens des Sohnes, die nach Auffassung der Klägerin ohne ihre Zustimmung und damit widerrechtlich erfolgt sei. Zum anderen wollte die Klägerin dem Vater das Umgangsrecht mit dem Sohn wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs entziehen lassen. Da der Vater den Sohn im Jahr 2015 in die Niederlande verbracht habe, hätten sich die Rechtsstreitigkeiten zwischenzeitlich dorthin verlagert.
Finanzamt lehnt Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen ab
Die Klägerin beantragte den Abzug von Anwaltskosten für eine niederländischen Kanzlei in Höhe von ca. 3.800 Euro als außergewöhnliche Belastungen und führte hierzu aus, dass ihre seelische und finanzielle Belastung inzwischen so hoch sei, dass der Verlust ihrer Existenzgrundlage drohe. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Kosten ab, da die Klägerin eine konkrete Gefährdung ihrer Existenzgrundlage nicht nachgewiesen habe.
Abzug außergewöhnlicher Belastungen nur bei Gefahr des Verlusts der materiellen Lebensgrundlage
Auch die Klage blieb vor dem Finanzgericht Münster erfolglos. Dem Abzug der Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen stehe § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG entgegen, wonach nur solche Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig seien, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien hiermit nur die materiellen Lebensgrundlagen des Steuerpflichtigen gemeint. Diese Voraussetzung liege im Streitfall nicht vor, da die Existenzgrundlage der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag nicht aufgrund des Kindesnamens oder des Umgangsrechts gefährdet sei, sondern aufgrund der finanziellen Belastung durch die Prozesse.
Existenzgrundlage im immateriellen Sinne ebenfalls nicht bedroht
Selbst wenn man (wie das Finanzgericht Düsseldorf im Urteil vom 13. März 2018 13 K 3024/17) den Begriff der Existenzgrundlage im immateriellen Sinne verstünde, so dass auch soziale Bedürfnisse wie die Liebe zu seinem Kind und die Fürsorge für sein Kind darunter fielen, käme ein Abzug der Prozesskosten nicht in Betracht. Die Erfassung des Nachnamens des Sohnes in den Niederlanden stelle bereits kein lebensnotwendiges Bedürfnis der Klägerin dar, zumal er in Deutschland ihren Nachnamen trage. Hinsichtlich des Umgangsrechts liege zwar ein dringendes soziales Bedürfnis wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs vor. Dieses sei aber ohne den geführten Rechtsstreit nicht gefährdet gewesen, da die erforderlichen Maßnahmen, insbesondere die Untersagung des Umgangs, von Amts wegen durch das Jugendamt zu treffen seien, was im Streitfall auch geschehen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2019
Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online (pm)