15.11.2024
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Dokument-Nr. 10251

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Finanzgericht Köln Urteil07.07.2010

FG Köln weist Klagen gegen Steue­ri­den­ti­fi­ka­ti­o­ns­nummer trotz verfas­sungs­recht­licher Zweifel abRecht auf informationelle Selbst­be­stimmung überwiegt nicht Interesse der Allgemeinheit an gleichmäßiger Besteuerung

In Bezug auf die Vergabe der Steue­ri­den­ti­fi­ka­ti­o­ns­nummer (Steuer-ID) überwiegt das Recht des einzelnen Bürgers auf informationelle Selbst­be­stimmung nicht das Interesse der Allgemeinheit an einer gleichmäßigen Besteuerung. Dies entschied das Finanzgericht Köln, obwohl es erhebliche Zweifel an der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Steuer-ID äußerte. Diese Zweifel führten aber nicht zu einer Vorlage an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht in Karlsruhe, weil eine Anrufung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nur möglich ist, wenn ein Gericht von der Verfas­sungs­wid­rigkeit einer Norm völlig überzeugt ist.

Hinter den zugrunde liegenden Musterverfahren stehen über 170 Klagen von Bürgern, die sich vor dem in Deutschland allein zuständigen Finanzgericht Köln auf die Verfas­sungs­wid­rigkeit der Vergabe der Steuer-ID berufen. Nach Auffassung der Kläger bereite die bundes­ein­heitliche Steuer-ID den Weg zum "gläsernen Bürger". Dies zeige sich auch daran, dass selbst Babys unmittelbar nach der Geburt mit Post vom Bundes­zen­tralamt für Steuern (BZSt) eine Steuer-ID erhalten. Außerdem wird die "Nummerierung" der Menschen als "Perso­nen­kenn­zeichen" aus religiösen Gründen abgelehnt.

Gericht sieht in Speicherung eines zentralen Datenbestands Gefahr der Erstellung von Persön­lich­keits­profilen

Seine verfas­sungs­recht­lichen Zweifel stützt das Finanzgericht Köln u.a. darauf, dass durch die Steuer-ID letztlich alle in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bürger zentral durch den Staat erfasst würden. Damit bestehe die Möglichkeit, durch entsprechende Erweiterungen der zu speichernden Daten bzw. durch die Vernetzung verschiedener Datenpools einen großen zentralen Datenbestand zu schaffen. Hieraus könnte sich künftig auch die Gefahr der Erstellung von Persön­lich­keits­profilen ergeben. Auch sei es fraglich, ob es zum Zwecke der gleichmäßigen Besteuerung tatsächlich erforderlich sei, die Steuer-ID "flächendeckend" zuzuteilen und "flächendeckend" Daten zu speichern, unabhängig davon, ob die betreffenden Personen schon einen Besteu­e­rung­s­tat­bestand erfüllt hätten. Diesbezüglich komme es in gewisser Weise zu einer "Vorrats­da­ten­spei­cherung".

Keine Verletzung der Religi­o­ns­freiheit

Soweit einzelne Kläger auch die Verletzung der Religi­o­ns­freiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG geltend gemacht haben (z.B. im Verfahren 2 K 3093/08, 2 K 3986/08), besteht nach Auffassung des Gerichts schon kein Eingriff in den Schutzbereich. Die Steuer-ID stelle lediglich ein behör­den­in­ternes Ordnungsmerkmal dar. Den Klägern werde nicht ihr christlicher Name abgesprochen. Er bleibe erhalten und werde auch wie bisher verwendet.

Hintergrund zur Vergabe der Steuer-ID

Die Steuer-ID wird seit dem 1. August 2008 vom BZSt in Bonn an alle Einwohner versandt (§ 139 b AO). Deutschland folgt damit dem Beispiel vieler Nachbarn in der Europäischen Union. Die Einführung der Steuer-ID soll das Besteu­e­rungs­ver­fahren vereinfachen und Bürokratie abbauen. Hierzu erhält das zuständige BZSt von allen Meldebehörden elektronisch die im Melderegister gespeicherten Daten. Daneben werden u.a. lohnsteu­e­rer­hebliche Daten, wie z.B. Religi­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit, Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge, Zahl der Lohnsteu­er­karten und Kinder mit ihren Steuer-ID gespeichert (§ 39 e EStG). Die Steuer-ID hat elf Ziffern, aus denen keine Rückschlüsse auf den Steuer­pflichtigen gezogen werden können.

Quelle: Finanzgericht Köln/ra-online

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