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Hessisches Finanzgericht Urteil15.12.2016

Schenkungsteuer: Günstige Steuerklasse I auch bei Zuwendung des biologischen aber nicht gleichzeitig rechtlichen Vaters möglichGeset­ze­s­än­derung zur Anerkennung des "leiblichen, nicht rechtlichen Vaters" als Ausprägung der Vaterschaft ist auch auf Bereich des Schenkung­steuer­rechts zu übertragen

Bei einer Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine leibliche Tochter greift bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 Euro auch dann ein, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig der rechtliche Vater ist. Dies entschied das Hessische Finanzgericht.

Im zugrunde Streitfall hatte der biologische Vater im Jahre 2016 seiner in 1987 geborenen Tochter einen Geldbetrag zugewandt. Die Tochter war innerhalb der Ehe ihrer leiblichen Mutter und deren Ehemann, bei dem es sich nicht um den biologischen Vater sondern um den rechtlichen Vater handelt, geboren worden. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer unter Berück­sich­tigung der ungünstigen Steuerklasse III fest. Die gewünschte Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich, da eine rechtliche Vaterschaft zum Ehemann der leiblichen Mutter bestehe, die zivilrechtlich die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters ausschließe.

Einschränkende Auslegung des Begriffs Kind auf Abkömmlinge eines Vaters nicht erforderlich

Das Hessische Finanzgericht gab der Klage statt, da es sich vorliegend um die Zuwendung an ein Kind im Sinne des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 Erbschaftsteuer- und Schen­kung­s­teu­er­gesetz (ErbStG) handele. Die vom Finanzamt vorgenommene, einschränkende Auslegung des Begriffs Kind auf Abkömmlinge eines Vaters im Sinne des § 1592 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei weder nach Sinn und Zweck der Regelung noch vom Wortlaut her zwingend. Sie trage auch den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts sowie der aktuellen famili­en­recht­lichen Entwicklung unter Berück­sich­tigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht hinreichend Rechnung. Auch habe der Gesetzgeber im Jahre 2013 für den Bereich des Familienrechts durch Einfügung des § 1686 a BGB den "leiblichen, nicht rechtlichen Vater" als eine Ausprägung der Vaterschaft anerkannt und ihm als biologischen Vater eigene Rechte zugesprochen. Auch unter Berück­sich­tigung der dieser Geset­ze­s­än­derung vorangegangen Recht­spre­chungs­ent­wicklung sei es sachgerecht, die zivilrechtliche Entwicklung auf den Bereich des Schen­kung­s­teu­er­rechts zu übertragen.

Vergleich mit Pflegekindern nicht zutreffend

Dass Pflegekinder nicht in die Steuerklasse I fallen, sei vorliegend nicht entscheidend. Die Ablehnung einer Gleichstellung von Pflegekindern mit Kindern im Sinne des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG werde nämlich im Wesentlichen damit begründet, dass das Verhältnis eines Pflegekindes weder durch eine (natürliche) verwandt­schaftliche Beziehung noch durch einen - der Abstammung gleichgesetzten - formellen Rechtsakt begründet sei. Demgegenüber sei im Streitfall die Berück­sich­tigung der beschenkten Tochter als Kind gerade wegen ihrer natürlichen verwandt­schaft­lichen Beziehungen zum Kläger geboten.

Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online

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