21.11.2024
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Niedersächsisches Finanzgericht Urteil05.05.2010

Aufwendungen eines Ehepaars für eine heterologe künstliche Befruchtung sind als außer­ge­wöhnliche Belastungen abzugsfähigBundesfinanzhof bestätigt Entscheidung des Nieder­säch­sischen Finanzgerichts

Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung der Ehefrau mit Fremdsamen, die wegen einer inoperablen Sterilität des Ehemannes verursacht werden, sind steuermindernd als außer­ge­wöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Einkom­men­steu­er­gesetz (EStG) anzuerkennen. Dies entschied das Nieder­säch­sische Finanzgericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls leidet unter einer inoperablen organisch bedingten Sterilität. Er ist aufgrund dieses Befundes nicht in der Lage, auf natürlichem Weg selber Kinder zu zeugen. Sein Sperma ist auch nicht geeignet, im Rahmen einer (homologen) künstlichen Befruchtung selbst nach ärztlicher Behandlung eingesetzt zu werden.

Finanzamt erkennt entstandene Aufwendungen nicht als außer­ge­wöhnliche Belastungen an

Aufgrund dessen entschlossen sich die Kläger, die Erfüllung des beiderseitigen Wunsches nach einem gemeinsamen Kind mit Hilfe der Übertragung von Spendersamen zu verwirklichen. Die hierfür entstandenen Aufwendungen (Medikamenten- und Fahrtkosten) erkannte das beklagte Finanzamt nicht als außer­ge­wöhnliche Belastungen an und verwies auf die hierzu ergangene, ablehnende höchst­rich­terliche Rechtsprechung. Danach stellt die künstliche Befruchtung der Eizellen der gesunden Ehefrau mit Fremdsamen keine (zwangsläufige) Heilbehandlung dar, da der kranke Ehemann nicht behandelt wird und die behandelte Frau gesund ist. Die Kinderlosigkeit als Folge der Sterilität stelle dagegen für sich keine Krankheit dar.

Heilbe­hand­lungs­kosten entstandenen aus tatsächlichen Gründen und sind damit steuermindernd zu berücksichtigen

Dieser Rechts­auf­fassung trat das Nieder­säch­sische Finanzgericht entge­gen­ge­treten. Nach Überzeugung des Finanzgerichts war die - nach erfolglos versuchter homologer Befruchtung - durchgeführte so genannte heterologe Insemination, d.h. Befruchtung von Eizellen der Klägerin mit dem Sperma eines fremden Mannes, Teil einer auf das spezielle Krankheitsbild des Klägers abgestimmten, medizinisch indizierten und ärztlich zulässigen, d.h. in Übereinstimmung mit der einschlägigen ärztlichen Berufsordnung stehenden einheitlichen Heil- bzw. Thera­pie­maßnahme, die mit dem Ziel durchgeführt wird, die Krank­heits­folgen - die ungewollte Kinderlosigkeit der Kläger - abzumildern. Danach waren die insoweit entstandenen Heilbe­hand­lungs­kosten den Klägern aus tatsächlichen Gründen auch zwangsläufig entstanden und damit steuermindernd zu berücksichtigen. Das Nieder­säch­sische Finanzgerich hielt insofern eine Gleich­be­handlung mit den - als außer­ge­wöhnliche Belastungen anerkannten - Fallgruppen der künstlichen Befruchtung bei Unfruchtbarkeit verheirateter und unverheirateter Frauen sowie eingeschränkter Zeugungs­fä­higkeit des Ehemannes auch verfas­sungs­rechtlich unter Leistungs­fä­hig­keits­ge­sichts­punkten für geboten.

BFH bestätigt Rechtsprechung des Nieder­säch­sischen Finanzgerichts

Mit Urteil vom 16. Dezember 2010 hat der Bundesfinanzhof diese Rechtsprechung nunmehr bestätigt. An seiner anderslautenden bisherigen Rechtsprechung hält der Bundesfinanzhof nicht mehr fest.

Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht/ra-online

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