23.11.2024
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Niedersächsisches Finanzgericht Beschluss14.09.2012

Allein­er­ziehende haben keinen Anspruch auf die Anwendung eines Splitting-VerfahrensNieder­säch­sisches Finanzgericht veneint Verfas­sungs­wid­rigkeit der Besteuerung für Allein­er­ziehende

Allein­er­ziehende haben keinen Anspruch auf die Anwendung des Ehegatten-Splittings oder eines Familien-Splittings. Dies entschied das Nieder­säch­sische Finanzgericht.

In dem zugrunde liegenden Fall ist die Antragstellerin verwitwet und hat zwei minderjährige Kinder. Im Haupt­sa­che­ver­fahren macht sie geltend, ihre Besteuerung als Alleinerziehende sei verfassungswidrig. Gegenüber einem zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehepaar (mit oder ohne Kinder) und gegenüber einem geschiedenen Ehepaar, das ein Real-Splitting in Anspruch nehme, zahle sie bei gleich hohen Einkünften mehrere tausend Euro mehr Einkommensteuer. Ein Familien-Splitting sei verfas­sungs­rechtlich geboten. Im Übrigen seien die Grund- und Kinder­frei­beträge und der Entlas­tungs­betrag zu niedrig und damit verfas­sungs­widrig. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt die Antragstellerin, die von ihr nach Erhalt des Einkom­men­steu­er­be­scheides nachgezahlte Einkommensteuer und die von ihr geleisteten Vorauszahlungen an sie zurückzuzahlen, soweit sie eine von ihr nach dem Modell eines Familien-Splittings errechnete Einkommensteuer übersteigen.

Unter­schiedliche Sachverhalte rechtfertigen steuerliche Ungleich­be­handlung

Das Gericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die derzeitige Besteuerung nach der Grundtabelle sei nicht verfas­sungs­widrig. Auch wenn die von einer Allein­er­zie­henden erzielten Einkünfte gleich hoch seien wie die zusam­men­ge­rechneten Einkünfte eines Ehepaares und ein Allein­er­ziehende(r) mehrere tausend Euro mehr Einkommensteuer als das zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehepaar zu zahlen habe, liege kein verfas­sungs­widriger Begüns­ti­gungs­aus­schluss vor. Es handele sich um unter­schiedliche Sachverhalte, die die steuerliche Ungleich­be­handlung rechtfertigten. Auch eine nach neuerer Rechtsprechung der Finanzgerichte denkbare bzw. verfas­sungs­rechtlich gebotene Anwendung des Splitting-Verfahrens auf Partner einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft führe nicht zu einem vergleichbaren Anspruch eines Allein­er­zie­henden.

Ehegatten-Splitting keine beliebig veränderbare Steuer­ver­güns­tigung

Zudem gewährleiste das Ehegatten-Splitting die verfas­sungs­rechtlich geschützte Entschei­dungs­freiheit der Eheleute zur Gestaltung ihrer ehelichen und wirtschaft­lichen Lebens­ver­hältnisse und sei nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts keine beliebig veränderbare Steuer­ver­güns­tigung, sondern verfas­sungs­rechtlich geboten. Es diskriminiere nicht die Ehefrau bzw. den Partner mit dem niedrigeren Einkommen. Niedrigere Erwer­b­s­tä­tig­keits­quoten und niedrigere Durch­schnitt­s­ein­kommen von Frauen seien nicht Folge des Splitting-Verfahrens, sondern durch die wirtschaft­lichen Verhältnisse am Arbeitsmarkt und die individuell aus vielfältigen Gründen getroffenen persönlichen Entscheidungen bedingt.

Gesetzgeber ist für die Überprüfung und Änderung der Regelung zuständig

Außerdem habe sich der Gesetzgeber dafür entschieden, in systematisch unter­schied­licher Weise die Freiheit der ehelichen Lebens- und Wirtschafts­ge­staltung einerseits durch das Wahlrecht für die Zusam­men­ver­an­lagung (mit Splitting-Verfahren) und die Kind bedingten Belastungen andererseits durch die Gewährung von Kindergeld bzw. den Abzug von Kinder­frei­be­trägen und nicht im Wege eines Famili­en­splittings zu berücksichtigen. Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung seien nicht die Gerichte, sondern der Gesetzgeber dazu berufen, diese Regelungen zu überprüfen und ggf. zu ändern.

Höhe der Grund- und Kinder­frei­beträge nicht verfas­sungs­widrig

Das Gericht wies im übrigen darauf hin, dass die Höhe der Grund- und Kinder­frei­beträge und des Entlas­tungs­be­trages für Allein­er­ziehende im Jahr 2008 sei bei summarischer Prüfung nicht evident zu niedrig und damit nicht verfas­sungs­widrig sei.

Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht/ra-online

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