21.11.2024
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Finanzgericht Hamburg Beschluss29.02.2012

FG Hamburg hält gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten für verfas­sungs­widrigVerstoß gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz

Das Finanzgericht Hamburg hält die Vorschriften über die Hinzurechnung von Zinsen und Mieten für verfas­sungs­widrig und hat daher dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage vorgelegt, ob die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist.

In dem zugrunde liegenden Verfahren pachtete die Klägerin die für ihren Tankstel­len­betrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der Einkommen- bzw. Körper­schaft­steuer als Betrie­bs­ausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Anders jedoch bei der Gewerbesteuer, wo Beträge dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden, um die Gewerbesteuer zu berechnen.

Finanzgericht rügt Verstoß gegen allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes

Das Finanzgericht Hamburg hält die Vorschriften über die gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten (§ 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG) wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1GG) für verfas­sungs­widrig. Im Bereich des Steuerrechts fordere der allgemeine Gleichheitssatz eine gleichmäßige Belastung aller Steuer­pflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg unter Berück­sich­tigung des Eigen­tums­grund­rechts (Art. 14 GG) zu bestimmen sei.

Bisher angenommene Recht­fer­ti­gungs­gründe für bloße Soll-Leistungs­fä­higkeit unzureichend

Erwirtschafte der Gewer­be­treibende mit seinem Betrieb einen Ertrag und werde dieser besteuert, ohne Aufwendungen – wie etwa im Streitfall die Pachtzinsen – zu berücksichtigen, sei das so genannte Ist-Leistungs­fä­hig­keits­prinzip verletzt. Das Gericht führt in seinem Beschluss aus, dass seine Verletzung zwar gerechtfertigt sein könne oder auch eine Besteuerung der bloßen Soll-Leistungs­fä­higkeit bzw. des Eigen­tums­be­standes möglich sei. Voraussetzung seien jedoch Recht­fer­ti­gungs­gründe, die dem verfas­sungs­recht­lichen Leistungs­fä­hig­keits­prinzip mindestens gleichrangig seien. Das Gericht hält die bisher angenommenen Recht­fer­ti­gungs­gründe (z.B. Objekt­steu­er­cha­rakter der Gewerbesteuer, Äquiva­lenz­prinzip, Gleichstellung des Fremd­ka­pi­tal­ein­satzes mit dem Eigen­ka­pi­tal­einsatz) für unzureichend. Gleiches gelte für die gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen.

Gewerbesteuer stellt keine abziehbare Betriebsausgabe dar

Die 2008 in Kraft getretene Regelung, nach der die Gewerbesteuer selbst keine bei der Gewin­n­er­mittlung abziehbare Betriebsausgabe mehr ist, hält das Gericht hingegen trotz verfas­sungs­recht­licher Zweifel für anwendbar.

Quelle: Finanzgericht Hamburg/ra-online

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