18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.
ergänzende Informationen

Finanzgericht Hamburg Beschluss29.02.2012

FG Hamburg hält gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten für verfas­sungs­widrigVerstoß gegen den allgemeinen Gleich­heits­grundsatz

Das Finanzgericht Hamburg hält die Vorschriften über die Hinzurechnung von Zinsen und Mieten für verfas­sungs­widrig und hat daher dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage vorgelegt, ob die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist.

In dem zugrunde liegenden Verfahren pachtete die Klägerin die für ihren Tankstel­len­betrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der Einkommen- bzw. Körper­schaft­steuer als Betrie­bs­ausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Anders jedoch bei der Gewerbesteuer, wo Beträge dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden, um die Gewerbesteuer zu berechnen.

Finanzgericht rügt Verstoß gegen allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes

Das Finanzgericht Hamburg hält die Vorschriften über die gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten (§ 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG) wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1GG) für verfas­sungs­widrig. Im Bereich des Steuerrechts fordere der allgemeine Gleichheitssatz eine gleichmäßige Belastung aller Steuer­pflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg unter Berück­sich­tigung des Eigen­tums­grund­rechts (Art. 14 GG) zu bestimmen sei.

Bisher angenommene Recht­fer­ti­gungs­gründe für bloße Soll-Leistungs­fä­higkeit unzureichend

Erwirtschafte der Gewer­be­treibende mit seinem Betrieb einen Ertrag und werde dieser besteuert, ohne Aufwendungen – wie etwa im Streitfall die Pachtzinsen – zu berücksichtigen, sei das so genannte Ist-Leistungs­fä­hig­keits­prinzip verletzt. Das Gericht führt in seinem Beschluss aus, dass seine Verletzung zwar gerechtfertigt sein könne oder auch eine Besteuerung der bloßen Soll-Leistungs­fä­higkeit bzw. des Eigen­tums­be­standes möglich sei. Voraussetzung seien jedoch Recht­fer­ti­gungs­gründe, die dem verfas­sungs­recht­lichen Leistungs­fä­hig­keits­prinzip mindestens gleichrangig seien. Das Gericht hält die bisher angenommenen Recht­fer­ti­gungs­gründe (z.B. Objekt­steu­er­cha­rakter der Gewerbesteuer, Äquiva­lenz­prinzip, Gleichstellung des Fremd­ka­pi­tal­ein­satzes mit dem Eigen­ka­pi­tal­einsatz) für unzureichend. Gleiches gelte für die gewer­be­steu­erliche Hinzurechnung von Zinsen.

Gewerbesteuer stellt keine abziehbare Betriebsausgabe dar

Die 2008 in Kraft getretene Regelung, nach der die Gewerbesteuer selbst keine bei der Gewin­n­er­mittlung abziehbare Betriebsausgabe mehr ist, hält das Gericht hingegen trotz verfas­sungs­recht­licher Zweifel für anwendbar.

Quelle: Finanzgericht Hamburg/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss13169

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI