Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil17.12.2012
Abzug von tatsächlichen Werbungskosten in begründeten Ausnahmefällen bei Einkünften aus Kapitalvermögen möglichFG Baden-Württemberg zum Abzug von Werbungskosten bei der Abgeltungsteuer
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass der Abzug von Werbungskosten in tatsächlicher Höhe bei den Einkünften aus Kapitalvermögen jedenfalls in den Fällen auf Antrag möglich ist, in denen der tarifliche Einkommensteuersatz bereits unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags unter dem Abgeltungssteuersatz von 25 % liegt.
Die inzwischen verstorbene Klägerin des zugrunde liegenden Falls war selbst zur Verwaltung ihres Vermögens aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage und hatte deshalb einen Treuhänder mit der Verwaltung ihres umfangreichen Finanzvermögens beauftragt. Mit ihrer Klage machte sie Werbungskosten geltend, die über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehen.
FG hält absolutes Abzugsverbot im Streitfall für verfassungswidrig
Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage statt. Zwar sei im Rahmen der Abgeltungssteuer grundsätzlich der Abzug von Werbungskosten ausgeschlossen, die über den Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro hinausgehen. Nach Ansicht des Finanzgerichts ist dieses absolute Abzugsverbot aber jedenfalls in den Fällen verfassungswidrig, in denen der tarifliche Steuersatz bereits bei Berücksichtigung nur des Sparer-Pauschbetrags unter dem Abgeltungssteuersatz von 25 % liegt und tatsächlich höhere Werbungskosten angefallen sind.
Einkünfte aus Kapitalvermögen sind unter Abzug tatsächlich angefallener Werbungskosten zu ermitteln
Im Wege verfassungskonformer Auslegung müssen daher die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Rahmen der Günstigerprüfung unter Abzug der tatsächlich angefallenen Werbungskosten ermittelt werden. Ausdrücklich nicht entschieden hat der Senat die Frage, ob der Ausschluss des Werbungskostenabzugs in den Fällen verfassungsmäßig ist, in denen der tarifliche Steuersatz des Steuerpflichtigen höher ist als der Abgeltungssteuersatz von 25 %.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2013
Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg/ra-online