21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil01.03.2012

Kein Urheberschutz für Fußba­ll­spielpläneBedeutender Arbeitsaufwand und notwendige Sachkenntnis allein nicht ausreichend für urheber­recht­lichen Schutz

Ein Spielplan für Fußba­ll­be­geg­nungen kann nicht urheber­rechtlich geschützt werden, wenn seine Erstellung durch Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen. Die Tatsache, dass für die Erstellung des Spielplans ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, rechtfertigt als solche nicht den urheber­recht­lichen Schutz des Spielplans. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Durch die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken* werden diese urheber­rechtlich geschützt, wenn die Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellt. Die Datenbanken können auch durch das Schutzrecht „sui generis“ geschützt sein, wenn für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine wesentliche Investition erforderlich ist.

Football Dataco rügt Verletzung eigener Urheberrechte

Die britische Gesellschaft Football Dataco, die mit dem Schutz der an den Spielen der englischen und der schottischen Fußballligen erworbenen Rechte betraut ist, und die Organisatoren dieser Ligen werfen im Ausgangs­ver­fahren Yahoo! UK, Stan James (Buchmacher) und Enetpulse (Sport­in­for­ma­ti­o­ns­dienst) vor, diese hätten ihre Rechte des geistigen Eigentums an den Fußba­ll­spiel­plänen verletzt, indem sie Letztere ohne Erbringung einer finanziellen Gegenleistung verwendet hätten.

Die Spielpläne für die Begegnungen werden nach bestimmten Regeln, den so genannten „goldenen Regeln“, ausgearbeitet. Das Verfahren zur Ausarbeitung der Spielpläne ist teilweise automatisiert, erfordert aber dennoch einen bedeutenden Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis, um der Vielzahl der Anforderungen der Beteiligten unter Einhaltung der Regeln gerecht zu werden.

Nationales Gericht erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH zu den Voraussetzungen für möglichen Urheber­rechts­schutz

Das nationale Gericht hat einen Schutz „sui generis“ dieser Spielpläne bereits im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs** ausgeschlossen. Dagegen ist es sich nicht sicher, ob die Spielpläne für einen urheber­recht­lichen Schutz in Betracht kommen. Es bittet daher den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), zu klären, welche Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes erfüllt sein müssen.

Urheber­recht­licher Schutz bezieht sich auf „Struktur“ einer Datenbank, nicht auf deren „Inhalt“

Der Gerichtshof antwortet zunächst, dass der durch die Richtlinie gewährte urheber­rechtliche Schutz die „Struktur“ der Datenbank und nicht deren „Inhalt“ zum Gegenstand hat. Dieser Schutz erstreckt sich nicht auf die Daten selbst. In diesem Kontext bedeuten die Begriffe „Auswahl“ und „Anordnung“ im Sinne der Richtlinie die Auswahl und Anordnung von Daten, durch die der Urheber der Datenbank dieser ihre Struktur verleiht. Dagegen umfassen diese Begriffe nicht die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten. Folglich können die geistigen Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erzeugung der Daten aufgewandt wurden, bei der Beurteilung, ob die diese Daten enthaltende Datenbank für den urheber­recht­lichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommt, nicht berücksichtigt werden.

Fragliche Daten kommen für urheber­recht­lichen Schutz nach der Richtlinie hier nicht in Betracht

Im vorliegenden Fall betreffen die Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erstellung der Spielpläne erforderlich sind, die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten selbst. Folglich sind diese Anstrengungen und diese Sachkenntnis jedenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die betreffenden Spielpläne für Fußba­ll­be­geg­nungen für den urheber­recht­lichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommen.

Kriterium der Originalität für urheber­recht­lichen Schutz entscheidend

Weiter führt der Gerichtshof aus, dass der Begriff der „geistigen Schöpfung“, die eine notwendige Voraussetzung für den urheber­recht­lichen Schutz ist, allein auf das Kriterium der Originalität verweist. In Bezug auf die Erstellung einer Datenbank ist dieses Kriterium der Originalität erfüllt, wenn der Urheber über die Auswahl oder die Anordnung der in ihr enthaltenen Daten seine schöpferischen Fähigkeiten in eigenständiger Weise zum Ausdruck bringt, indem er freie und kreative Entscheidungen trifft. Dagegen ist dieses Kriterium nicht erfüllt, wenn die Erstellung der Datenbank durch technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen.

Für die Beurteilung der Originalität, die erforderlich ist, damit die Datenbank urheber­rechtlich geschützt werden kann, ist es gleichgültig, ob den Daten durch ihre Auswahl oder ihre Anordnung in der Datenbank eine „wesentliche Bedeutung hinzugefügt“ wird.

Grundlage für Urheberschutz bei Auswahl oder Anordnung von Daten ist Originalität

Ebenso reicht die Tatsache, dass für die Erstellung der Datenbank unabhängig von der Erzeugung der darin enthaltenen Daten ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, als solche nicht aus, um einen urheber­recht­lichen Schutz der Datenbank zu rechtfertigen, wenn durch diesen Arbeitsaufwand und diese Sachkenntnis keinerlei Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der Daten zum Ausdruck kommt.

Geschilderte Einzelheiten der Erstellung der Spielpläne für Urheber­rechts­schutz nicht ausreichend

Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der vom Gerichtshof angeführten Aspekte zu beurteilen, ob die betreffenden Spielpläne für Fußba­ll­be­geg­nungen Datenbanken sind, die die Voraussetzungen für einen urheber­recht­lichen Schutz erfüllen. Der Gerichtshof führt jedoch weiter aus, dass die vom nationalen Gericht geschilderten Einzelheiten der Erstellung der Spielpläne nicht ausreichen, damit diese durch das in der Richtlinie vorgesehene Urheberrecht geschützt werden können, wenn sie nicht durch Faktoren ergänzt werden, durch die Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der in diesen Spielplänen enthaltenen Daten zum Ausdruck gebracht wird.

Nationale Regelungen zum urheber­recht­lichen Schutz nicht mit Unionsrecht unvereinbar

Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass im Hinblick darauf, dass die Richtlinie den urheber­recht­lichen Schutz von Datenbanken harmonisiert, nationale Rechts­vor­schriften, durch die Datenbanken unter anderen Voraussetzungen als denen der Richtlinie urheber­recht­licher Schutz gewährt wird, mit dem Unionsrecht unvereinbar sind.

Erläuterungen

* Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20).

** Urteile vom 9. November 2004, Fixtures Marketing, (C-46/02, C-338/02 und C-444/02)

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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