15.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil12.10.2010

EuGH: Vorenthalten einer Entlas­sungs­ab­findung aufgrund möglichen Bezugs von Altersrente stellt Alters­dis­kri­mi­nierund darRentenalter des Angestelltem darf nicht Verweigerung von Abfin­dungs­zah­lungen zur Folge haben

Wird einem Arbeitnehmer eine Entlas­sungs­ab­findung mit der Begründung vorenthalten, dass er eine Altersrente beziehen kann, stellt dies eine Diskriminierung aufgrund des Alters dar. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Das dänische Recht gewährt Arbeitnehmern, die während mindestens zwölf Jahren bei demselben Unternehmen beschäftigt waren, eine besondere Entlas­sungs­ab­findung. Arbeitnehmern, die zum Zeitpunkt ihrer Entlassung eine Altersrente aus einem betrieblichen Rentensystem beziehen können, wird diese Abfindung jedoch nicht gezahlt, selbst wenn der Betroffene die Absicht hat, weiter zu arbeiten.

Antrag auf Entlas­sungs­ab­findung mit Hinweis auf möglichen Bezug von Altersrente abgelehnt

Der Angestellte des zugrunde liegenden Falls arbeitete von 1979 bis zu seiner Entlassung im Jahr 2006 für die Region Syddanmark (Region Süddänemark). Er war bei seiner Entlassung 63 Jahre alt und wollte nicht in den Ruhestand treten, sondern meldete sich arbeitslos. Er beantragte die Zahlung der Entlas­sungs­ab­findung. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass er eine Rente beziehen könne. Die für den Arbeitnehmer handelnde Gewerkschaft Ingeni­ør­fo­re­ningen i Danmark erhob Klage vor dem Vestre Landsret (Regio­nal­o­ber­gericht West) mit der Begründung, die fragliche Regelung stelle eine durch die Richtlinie 2000/78/EG1 verbotene Diskriminierung aufgrund des Alters dar.

EuGH prüft ob unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleich­be­handlung gerechtfertigt ist

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die in Rede stehende nationale Regelung eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleich­be­handlung enthält. Durch sie wird nämlich bestimmten Arbeitnehmern der Anspruch auf die Entlas­sungs­ab­findung allein aus dem Grund vorenthalten, dass sie eine Altersrente beziehen können. Sodann prüft der Gerichtshof, ob diese Ungleich­be­handlung gerechtfertigt sein kann.

EuGH sieht rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäf­ti­gungs­politik

Er weist zunächst darauf hin, dass die Entlas­sungs­ab­findung das Ziel hat, Arbeitnehmern, die über eine lange Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit bei demselben Arbeitgeber verfügen, den Übergang in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Weiter führt der Gerichtshof aus, dass die fragliche Beschränkung auf der Feststellung beruht, dass sich Personen mit einem Anspruch auf eine Altersrente im Allgemeinen dafür entscheiden, aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden. Schließlich stellt die Beschränkung sicher, dass die Arbeitnehmer die Abfindung nicht mit einer Altersrente kumulieren. Bei dem Schutz von Arbeitnehmern, die über eine lange Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit verfügen, und bei der mit der Abfindung bezweckte Hilfe zu ihrer beruflichen Wieder­ein­glie­derung handelt es sich um rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäf­ti­gungs­politik und des Arbeitsmarkts. Somit ist davon auszugehen, dass die Maßnahme grundsätzlich, wie in der Richtlinie 2000/78 vorgesehen, „objektiv und angemessen“ „im Rahmen des nationalen Rechts“ zu rechtfertigen ist.

Vorenthalt von Abfin­dungs­zah­lungen geht über das hinaus, was zur Erreichung sozia­l­po­li­tischer Ziele erforderlich ist

Zur Frage der Verhält­nis­mä­ßigkeit der fraglichen Beschränkung im Hinblick auf diese Ziele stellt der Gerichtshof fest, dass die Beschränkung, die darin besteht, Arbeitnehmern, die eine Altersrente ihres Arbeitgebers beziehen werden, von der Entlas­sungs­ab­findung auszuschließen, nicht offensichtlich ungeeignet ist, um diese Ziele zu erreichen. Der Gerichtshof ist jedoch der Auffassung, dass diese Beschränkung über das hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Sie bewirkt, dass nicht nur alle Arbeitnehmer von der Entlas­sungs­ab­findung ausgeschlossen werden, die eine Altersrente ihres Arbeitgebers tatsächlich erhalten werden, sondern auch alle, die zum Bezug einer solchen Rente berechtigt sind, aber ihre berufliche Laufbahn weiter verfolgen möchten. Indem sie die Zahlung der Entlas­sungs­ab­findung an einen Arbeitnehmer, der, obwohl er eine von seinem Arbeitgeber gezahlte Altersrente beziehen kann, vorübergehend auf diese Rechte verzichten möchte, um seine berufliche Laufbahn weiter zu verfolgen, nicht zulässt, geht diese Regelung über das hinaus, was zur Verwirklichung der mit dieser Vorschrift verfolgten sozia­l­po­li­tischen Ziele erforderlich ist; sie ist daher nicht gerechtfertigt.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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