21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil10.09.2014

Studenten aus Drittstaaten haben bei Erfüllung der Zulas­sungs­kri­terien Anspruch auf StudentenvisumMitglieds­s­taaten dürfen keine zusätzlichen einschränkenden Zulassungs­bedingungen einführen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sein, Dritt­staats­angehörige in ihr Hoheitsgebiet zuzulassen, die sich dort mehr als drei Monate zu Studienzwecken aufhalten möchten, sofern sie die im Unionsrecht abschließend vorgesehenen Zulassungs­bedingungen erfüllen. Es ist den Mitgliedstaaten somit nicht erlaubt, zusätzliche Zulassungs­bedingungen einzuführen.

Eine Richtlinie der Union* sieht vor, dass Drittstaatsangehörige, die beantragen, für mehr als drei Monate zu Studienzwecken in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen zu werden, bestimmte allgemeine und besondere Bedingungen erfüllen müssen, darunter auch die, keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darzustellen.

Deutsche Behörde hegen Zweifel an Motivation für ein Studium in Deutschland

Herr Mohamed Ali Ben Alaya ist ein 1989 in Deutschland geborener tunesischer Staats­an­ge­höriger. Im Jahr 1995 verließ er Deutschland und wuchs dann in Tunesien auf. Nach seinem dortigen Abitur im Jahr 2010 schrieb er sich an der Universität Tunis ein, um Informatik zu studieren, bemühte sich aber gleichzeitig um die Aufnahme eines Studiums in Deutschland. Auf seine Bewerbungen hin wurde er mehrmals zum Mathe­ma­tik­studium an der Technischen Universität Dortmund zugelassen. Die deutschen Behörden aber lehnten mehrere Anträge von Herrn Ben Alaya auf Erteilung eines Studentenvisums ab, da sie Zweifel an seiner Motivation für ein Studium in Deutschland hegten (so insbesondere wegen ihrer Ansicht nach ungenügender Noten, zu geringer Deutsch­kenntnisse und mangelndem Zusammenhang zwischen der angestrebten Ausbildung und den beruflichen Plänen).

VG Berlin erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH zur Zulässigkeit des Ablehnens der Erteilung eines Studentenvisums

Das in dieser Sache angerufene Verwal­tungs­gericht Berlin hat dem Gerichtshof mit Beschluss vom 5. September 2013 die Frage vorgelegt, ob die deutsche Verwaltung über ein Ermessen verfüge, um die Erteilung eines Studentenvisums für Herrn Ben Alaya ablehnen zu können, obwohl dieser alle von der Richtlinie vorgesehenen Bedingungen erfülle und auch keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darstelle.

Mitgliedsstaat ist bei Erfüllung der Zulas­sungs­be­din­gungen zur Zulassung des Dritt­staats­an­ge­hörigen verpflichtet

In seinem Urteil gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass gemäß der Richtlinie ein Mitgliedstaat einen Dritt­staats­an­ge­hörigen in sein Hoheitsgebiet zulassen muss, der sich dort mehr als drei Monate zu Studienzwecken aufhalten möchte, wenn dieser die in der Richtlinie abschließend aufgezählten allgemeinen und besonderen Zulas­sungs­be­din­gungen erfüllt.

Richtlinie soll Mobilität der Studenten fördern

Der Gerichtshof hebt dabei hervor, dass die Richtlinie die Mobilität von Studenten, die Dritt­staats­an­ge­hörige sind, in Richtung der Union fördern soll, um darauf hinzuwirken, dass Europa im Bereich von Studium und beruflicher Bildung weltweit Maßstäbe setzt. Es liefe diesem Ziel zuwider, wenn man es einem Mitgliedstaat erlaubte, zusätzliche Zulas­sungs­be­din­gungen einzuführen.

Beurtei­lungs­spielraum der Mitglieds­s­taaten bezieht sich allein auf die in der Richtlinie vorgesehenen Zulas­sungs­be­din­gungen

Zwar erkennt die Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Prüfung der Zulas­sungs­anträge einen Beurtei­lungs­spielraum zu. Der Gerichtshof betont jedoch, dass sich dieser Beurtei­lungs­spielraum allein auf die in der Richtlinie vorgesehenen Zulas­sungs­be­din­gungen und in diesem Rahmen auf die Würdigung der Tatsachen (u. a. in Bezug auf das Bestehen einer Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit) bezieht.

Antragsteller hätte im vorliegenden Fall Aufent­halt­stitel erteilt werden müssen

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass Herr Ben Alaya die in der Richtlinie vorgesehenen allgemeinen und besonderen Zulas­sungs­be­din­gungen offenbar erfüllt und im Übrigen seitens der deutschen Behörden hinsichtlich seiner Person nie geltend gemacht wurde, dass eine Bedrohung bestehe. Der Gerichtshof zieht hieraus den Schluss, dass vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht Herrn Ben Alaya ein Aufent­halt­stitel hätte erteilt werden müssen.

Erläuterungen

* Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Bedingungen für die Zulassung von Dritt­staats­an­ge­hörigen zur Absolvierung eines Studiums oder zur Teilnahme an einem Schüler­aus­tausch, einer unbezahlten Ausbil­dungs­maßnahme oder einem Freiwil­li­gen­dienst (ABl. L 375, S. 12).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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