Dokument-Nr. 21119
Permalink https://urteile.news/
- Irreführende Verpackung: Früchtetee von Teekanne darf nicht mit Himbeer- und Vanillebildern werbenLandgericht Düsseldorf, Urteil16.03.2012, 38 O 74/11
- Himbeertee muss keine Himbeeren enthaltenOberlandesgericht Düsseldorf, Urteil19.02.2013, I-20 U 59/12
- Bundesgerichtshof legt EuGH Frage zur möglichen Irreführung von Verbrauchern bei der Gestaltung von Lebensmittelverpackungen vorBundesgerichtshof, Beschluss26.02.2014, I ZR 45/13
Gerichtshof der Europäischen Union Urteil04.06.2015
EuGH: Verpackung darf Verbraucher nicht in die Irre führen - Himbeer-Tee muss Himbeer-Aroma enthaltenEntscheidung des EuGH im Streit zwischen der Verbraucherzentrale und der Teekanne GmbH & Co. KG.
Die Etikettierung eines Lebensmittels darf den Verbraucher nicht irreführen, indem sie den Eindruck des Vorhandenseins einer Zutat erweckt, die tatsächlich in dem Erzeugnis nicht vorhanden ist. Das Verzeichnis der Zutaten kann, auch wenn es richtig und vollständig ist, ungeeignet sein, einen sich aus der Etikettierung ergebenden falschen oder missverständlichen Eindruck zu berichtigen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden.
Das Unternehmen Teekanne vertreibt einen Früchtetee unter der Bezeichnung "Felix Himbeer-Vanille Abenteuer". Die Verpackung weist u. a. Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten sowie die Angaben "Früchtetee mit natürlichen Aromen", "Früchteteemischung mit natürlichen Aromen – Himbeer-Vanille-Geschmack" und "nur natürliche Zutaten" auf. Tatsächlich enthält der Früchtetee keine natürlichen Zutaten aus Vanille oder Himbeere oder aus Vanille oder Himbeere gewonnene Aromen. Das Verzeichnis der Zutaten auf einer Seite der Verpackung lautet: "Hibiskus, Apfel, süße Brombeerblätter, Orangenschalen, Hagebutten, natürliches Aroma mit Vanillegeschmack, Zitronenschalen, natürliches Aroma mit Himbeergeschmack, Brombeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren, Holunderbeeren".
Die deutsche Verbraucherschutzvereinigung wirft Teekanne vor, durch Angaben auf der Verpackung den Verbraucher über die Zusammensetzung des Tees irregeführt zu haben. Aufgrund dieser Angaben erwarte der Verbraucher nämlich, dass er Bestandteile von Vanille und Himbeere oder zumindest natürliche Vanille- und Himbeeraromen enthalte. Die Vereinigung forderte den Hersteller daher auf, die Werbung für den Tee zu unterlassen.
Der letztinstanzlich angerufene Bundesgerichtshof fragt den Gerichtshof, ob die Etikettierung eines Lebensmittels den Verbraucher irreführen kann, wenn sie den Eindruck des Vorhandenseins einer Zutat erweckt, die tatsächlich in dem Erzeugnis nicht vorhanden ist und der Verbraucher dies nur feststellen kann, wenn er das Verzeichnis der Zutaten liest.
Verbraucher darf nicht irregeführt werden
In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Käufer nach dem Unionsrecht über korrekte, neutrale und objektive Informationen verfügen muss, durch die er nicht irregeführt wird, und die Etikettierung eines Lebensmittels nicht irreführend sein darf. Auch wenn angenommen werde, dass der Verbraucher das Verzeichnis der Zutaten vor dem Kauf eines Erzeugnisses liest, schließt der Gerichtshof nicht aus, dass die Etikettierung des Erzeugnisses geeignet sein kann, den Käufer irrezuführen, wenn bestimmte Elemente der Etikettierung unwahr, falsch, mehrdeutig, widersprüchlich oder unverständlich sind.
Der EuGH stellte klar, dass in einem solchen Fall das Verzeichnis der Zutaten, auch wenn es richtig und vollständig ist, ungeeignet sein kann, einen falschen oder missverständlichen Eindruck zu berichtigen, der sich für den Verbraucher aus der Etikettierung des Lebensmittels ergibt. Erweckt die Etikettierung eines Lebensmittels den Eindruck des Vorhandenseins einer Zutat, die tatsächlich nicht vorhanden ist (und ergibt sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten), ist eine solche Etikettierung daher geeignet, den Käufer über die Eigenschaften des Lebensmittels irrezuführen.
Fall Teekanne geht zurück an den BGH
Das nationale Gericht (also der Bundesgerichtshof) wird daher laut EuGH bei der Prüfung der verschiedenen Elemente der Etikettierung des Tees festzustellen haben, ob ein normal informierter und vernünftig aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher über das Vorhandensein von Himbeer- und Vanilleblütenzutaten oder aus diesen Zutaten gewonnenen Aromen irregeführt werden kann. Dabei werde das nationale Gericht die verwendeten Begriffe und Abbildungen sowie Platzierung, Größe, Farbe, Schriftart, Sprache, Syntax und Zeichensetzung der verschiedenen Elemente auf der Verpackung des Früchtetees zu berücksichtigen haben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.06.2015
Quelle: ra-online, Gerichtshof der Europäischen Union (pm/pt)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil21119
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.