23.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil04.10.2018

Veröf­fent­lichung mehrerer Verkaufs­an­zeigen auf Webseite begründet nicht automatisch Tätigkeit als "Gewer­be­be­trei­bender"Bei Handel im Rahmen einer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit kann Tätigkeit als "Geschäftspraxis" eingestuft werden

Eine Person, die auf einer Website eine Reihe von Verkaufs­an­zeigen veröffentlicht, ist nicht automatisch ein "Gewer­be­trei­bender". Diese Tätigkeit kann als "Geschäftspraxis" eingestuft werden, wenn die Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.

Im zugrunde liegenden Fall erwarb ein Verbraucher auf einer Online-Plattform eine gebrauchte Armbanduhr. Nachdem er festgestellt hatte, dass die Uhr nicht die Eigenschaften aufwies, die in der Verkaufsanzeige angegeben waren, teilte der Verbraucher dem Verkäufer mit, dass er den Vertrag widerrufen wolle. Frau Evelina Kamenova, die Verkäuferin, lehnte es ab, die Ware gegen Erstattung des Entgelts zurückzunehmen. Daher legte der Verbraucher eine Beschwerde bei der bulgarischen Kommission für Verbrau­cher­schutz (KfV) ein. Nach einer Abfrage auf der fraglichen Online-Plattform stellte die KfV fest, dass am 10. Dezember 2014 noch acht Verkaufs­an­zeigen zu verschiedenen Waren auf dieser Website von Frau Kamenova unter dem Pseudonym "eveto-ZZ" veröffentlicht waren.

Kommission für Verbrau­cher­schutz verhängt Bußgeld wegen Verstoßes gegen nationales Verbrau­cher­schutz­gesetz

Mit Bescheid vom 27. Februar 2015 stellte die KfV fest, dass Frau Kamenova eine Ordnungs­wid­rigkeit begangen habe, und verhängte mehrere Geldbußen gegen sie, die auf das nationale Verbrau­cher­schutz­gesetz gestützt waren. Nach Ansicht der KfV hatte es Frau Kamenova in sämtlichen dieser Anzeigen unterlassen, Angaben zu Namen, Postanschrift und E-Mail-Adresse des Gewer­be­trei­benden, zum Endpreis der zum Verkauf angebotenen Ware einschließlich aller Steuern und Abgaben, zu den Zahlungs-, Liefer- und Leistungs­be­din­gungen, zum Recht des Verbrauchers auf Widerruf des Fernab­satz­vertrags und zu Bedingungen, Frist und Verfahren der Ausübung dieses Rechts zu machen sowie darauf hinzuweisen, dass eine gesetzliche Gewährleistung für die Vertrags­ge­mäßheit der Ware bestehe.

Verkäuferin verneint Tätigkeit als "Gewer­be­treibende"

Frau Kamenova erhob vor den bulgarischen Gerichten Klage gegen diesen Bescheid und begründete diese damit, dass sie keine "Gewer­be­treibende" sei und die Vorschriften des bulgarischen Gesetzes daher nicht anwendbar seien. Vor diesem Hintergrund fragt der Administrativen sad - Varna (Verwal­tungs­gericht Varna, Bulgarien) den Gerichtshof, ob eine Person, die auf einer Website eine vergleichsweise große Zahl von Anzeigen über den Verkauf von Waren mit erheblichem Wert veröffentlicht, als "Gewer­be­trei­bender" im Sinne der Richtlinie über unlautere Geschäft­s­praktiken eingestuft werden kann.*

Einstufung als "Gewer­be­trei­bender" setzt Handeln im Rahmen einer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit voraus

In seinem Urteil führte der Gerichtshof zunächst aus, dass es für eine Einstufung als "Gewer­be­trei­bender" im Sinne der Richtlinie erforderlich sei, dass die betreffende Person "im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit" oder im Namen oder Auftrag des Gewer­be­trei­benden handele. Der Gerichtshof stellte sodann klar, dass der Sinn und die Bedeutung des Begriffs "Gewer­be­trei­bender" anhand des Begriffs "Verbraucher" zu bestimmen sei, der jeden nicht gewerblich oder beruflich Tätigen bezeichne.

Nationales Gericht muss Prüfung einer möglichen Tätigkeit als "Geschäftspraxis" vornehmen

Der Gerichtshof stellt in diesem Zusammenhang fest, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, auf der Grundlage aller ihm vorliegenden tatsächlichen Angaben von Fall zu Fall zu entscheiden, ob eine natürliche Person wie Frau Kamenova im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit gehandelt hat, indem es u.a. prüft, ob der Verkauf planmäßig erfolgte, ob er eine gewisse Regelmäßigkeit hatte oder mit ihm ein Erwerbszweck verfolgt wurde, ob sich das Angebot auf eine begrenzte Anzahl von Waren konzentriert, und die Rechtsform sowie die technischen Fähigkeiten des Verkäufers ermittelt. Um die fragliche Tätigkeit als "Geschäftspraxis" einstufen zu können, muss das vorlegende Gericht zudem prüfen, ob diese Tätigkeit zum einen von einem "Gewer­be­trei­benden" ausgeht und zum anderen eine Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise, Erklärung oder kommerzielle Mitteilung darstellt, "die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt".

Daher gelangt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass eine natürliche Person, die eine Reihe von Anzeigen, in denen neue und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten werden, gleichzeitig auf einer Website veröffentlicht, nur dann als "Gewer­be­trei­bender" einzustufen ist und eine solche Tätigkeit nur dann eine "Geschäftspraxis" darstellt, wenn diese Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.

Erläuterungen

* Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäft­s­praktiken im binnen­ma­rk­tin­ternen Geschäfts­verkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2005, L 149, S. 22).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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