14.11.2024
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Bayerisches Landessozialgericht Urteil19.07.2011

Bayerisches Landes­so­zi­al­gericht zu Leistungen von Beiträgen zur privaten Kranken­ver­si­cherungSozia­l­hil­fe­emp­fänger können nicht in den Basistarif gezwungen werden, aber ....

Sind Sozia­l­hil­fe­emp­fänger privat kranken­ver­sichert, wurden diese bislang regelmäßig auf die Zumutbarkeit einer Absicherung im Basistarif verwiesen. Seit der Einführung des so genannten "Basistarifs" in der privaten Kranken­ver­si­cherung besteht ein dem Versor­gungs­niveau der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung vergleichbarer Versi­che­rungs­schutz. Daraus folgt aber kein Zwang zum Abschluss eines solchen Basistarifs. Der Sozia­l­hil­fe­träger hat vielmehr auch dann Aufwendungen zur privaten Kranken­ver­si­cherung zu übernehmen, wenn der Sozia­l­hil­fe­emp­fänger einen anderen Tarif gewählt hat. Dies hat das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht entschieden.

Im vorliegenden Fall bezieht die Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwer­bs­min­derung. Aufgrund ihrer früheren selbstständigen Tätigkeit ist sie privat kranken­ver­sichert. Der monatliche Beitrag zur Kranken- und Pflege­ver­si­cherung beläuft sich auf etwa 850 Euro. Davon entfallen etwa 300 Euro auf einen Risikozuschlag. Der jährliche Eigenanteil beläuft sich auf 400 Euro. Der beklagte Sozialhilfeträger hatte die Klägerin zunächst zur Kündigung ihrer privaten Krankenversicherung aufgefordert und die Übernahme der Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge abgelehnt.

SG: Krank­heits­kosten der Klägerin deutlich teurer als Aufwendungen für private Kranken­ver­si­cherung

Das Sozialgericht hat der dagegen erhobenen Klage stattgegeben und einen Anspruch auf Übernahme der gesamten Kranken- und Pflege­ver­si­che­rungs­beiträge sowie des zu erbringenden Selbstbehalts festgestellt. In der Begründung verwies das Sozialgericht unter anderem darauf, wegen der Schwere der Erkrankungen der Klägerin und im Hinblick auf frühere Krank­heits­kosten der Klägerin von mehr als 63 Tsd. Euro im Jahr wäre ein Einstehen des Sozia­l­hil­fe­trägers im Form der Krankenhilfe nach § 264 SGB V i.V.m. § 48 SGB XII die deutlich teurere Form der Versorgung. Die von der Klägerin beanspruchten monatlichen Aufwendungen seien daher angemessen.

LSG: Leistungs­pflicht des Sozialträgers reduziert

Das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht hat die Entscheidung des Sozialgerichts abgeändert und den Umfang der Leistungs­pflicht des Sozia­l­hil­fe­trägers reduziert. Aufwendungen nach § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB V würden nur übernommen, soweit sie angemessen seien. Es bestehe daher nur ein Anspruch auf Kostenübernahme von Beiträgen, die Leistungen der Krankenkasse im Umfang des Basistarifs sicherstellten. Dafür genüge in den meisten Fällen die Erstattung des halben Basistarifs, wenn die Beitragshöhe für die Dauer der Hilfe­be­dürf­tigkeit unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1c VAG kraft Gesetzes um die Hälfte vermindert ist. Dies sei bei der Klägerin der Fall. Die bereits vor dem 1. Januar 2009 privat kranken­ver­si­cherte Klägerin habe schon keine rechtliche Möglichkeit gehabt, ihren Versi­che­rungs­vertrag zu kündigen. Ein Tarifwechsel in den Basistarif könne - trotz der rechtlichen Möglichkeit - nach den Vorschriften des SGB XII jedoch nicht verlangt werden.

Auswirkungen der Entscheidung

Das Bayerische Sozialgericht hat mit seiner Entscheidung die Leistungs­pflichten von Sozia­l­hil­fe­trägern im Rahmen des Sonderbedarfs nach § 34 Abs. 5 SGB XII weiter konkretisiert. Nunmehr ist klargestellt, dass privat kranken­ver­si­cherte Sozialhilfeempfänger zwar nicht zu einem Tarifwechsel in den Basistarif gezwungen werden können. Der Sozia­l­hil­fe­träger ist aber nur zur Übernahme von Aufwendungen entsprechender Beitrags­leis­tungen nach dem Basistarif verpflichtet.

Quelle: Bayerisches Landessozialgericht/ra-online

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