14.11.2024
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Dokument-Nr. 8755

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Sozialgericht Karlsruhe Urteil29.10.2009

Sozia­l­hil­fe­träger muss Kosten für halbierten Beitrag im Basistarif der privaten Kranken­ver­si­cherung in voller Höhe übernehmenKürzung der Beitrags­zah­lungen auf Höhe der Bezüge von ALG II-Beziehern nicht zulässig

Ein Bezieher von Sozia­l­hil­fe­leis­tungen, der nicht der Versi­che­rungs­pflicht in der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung unterliegt, sondern im so genannten Basistarif bei einem privaten Kranken­ver­si­che­rungs­un­ter­nehmen versichert ist und dort auch eine private Pflege­ver­si­cherung abgeschlossen hat, hat gegenüber dem Sozia­l­hil­fe­träger Anspruch auf Übernahme der gesamten tatsächlich anfallenden Kranken- und Pflege­ver­si­che­rungs­beiträge, wenn er diese mangels ausreichender Einkünfte nicht selbst tragen und der Beitrag bereits nach § 12 Abs. 1 c Satz 4 VAG um die Hälfte gemindert ist. Sein Anspruch ist dann nicht auf den Betrag begrenzt, den der Hilfeträger für Bezieher von Arbeits­lo­sengeld II zu tragen hätte. Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe.

Bezieher von Hilfeleistungen zum Lebensunterhalt oder von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwer­bs­min­derung nach dem 3. oder 4. Kapitel SGB XII haben im Fall des Bestehens einer Kranken- und Pflegeversicherung bei einem Versi­che­rungs­un­ter­nehmen Anspruch auf Übernahme von Beitrags­auf­wen­dungen, soweit sie angemessen sind und die Hilfesuchenden die Aufwendungen nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können. Der Begriff der „Angemessenheit“ lässt sich dabei nicht unter Rückgriff auf die in § 12 Abs. 1 c Satz 6, 2. Halbsatz VAG in der seit dem 1.Januar 2009 gültigen Fassung bestimmen. Insbesondere sind danach für Sozia­l­hil­fe­emp­fänger die Beitrags­auf­wen­dungen, wie sie für Bezieher von Arbeits­lo­sengeld II in der gesetzlichen Kranken- und Pflege­ver­si­cherung zu tragen sind, nämlich in Höhe des ermäßigten Beitragssatzes, nicht angemessen, weil dies der gesetz­ge­be­rischen Intension widerspricht, allen in Deutschland lebenden Personen einen dauerhaften und ausreichenden Versi­che­rungs­schutz gegen das Risiko von Krankheit und Pflege auch in sozialen Bedarfs­si­tua­tionen sicher zu stellen.

Existenzminimum wäre durch Kürzung der Beitragszahlung gefährdet

Überdies würde eine Beitrags­be­grenzung durch den Hilfeträger auf die Höhe des ermäßigten Beitragssatzes in der gesetzlichen Kranken- und Pflege­ver­si­cherung zu unauflösbaren Wertungs­wi­der­sprüchen führen, weil in diesem Fall für den Hilfe­be­dürftigen eine monatliche Bedarfs­un­ter­deckung in Höhe von rund 170,- € bestünde. Diese Finan­zie­rungslücke könnte der Hilfeempfänger allein aus dem Regelsatz bestreiten. In diesem sind jedoch keine Leistungen für einen privaten Kranken- und Pflege­ver­si­che­rungs­schutz enthalten. Wollte man deshalb das Finan­zie­rungs­risiko auf den Hilfeempfänger abwälzen, wäre hierdurch sein sozio­kul­tu­relles Existenzminimum, auf das er einen verfas­sungs­recht­lichen Anspruch hat und das auch einen Anspruch auf eine ausreichende medizinische Versorgung umfasst, gefährdet.

Quelle: ra-online, SG Karlsruhe

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