Dokument-Nr. 8755
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil29.10.2009
Sozialhilfeträger muss Kosten für halbierten Beitrag im Basistarif der privaten Krankenversicherung in voller Höhe übernehmenKürzung der Beitragszahlungen auf Höhe der Bezüge von ALG II-Beziehern nicht zulässig
Ein Bezieher von Sozialhilfeleistungen, der nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, sondern im so genannten Basistarif bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist und dort auch eine private Pflegeversicherung abgeschlossen hat, hat gegenüber dem Sozialhilfeträger Anspruch auf Übernahme der gesamten tatsächlich anfallenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, wenn er diese mangels ausreichender Einkünfte nicht selbst tragen und der Beitrag bereits nach § 12 Abs. 1 c Satz 4 VAG um die Hälfte gemindert ist. Sein Anspruch ist dann nicht auf den Betrag begrenzt, den der Hilfeträger für Bezieher von Arbeitslosengeld II zu tragen hätte. Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe.
Bezieher von Hilfeleistungen zum Lebensunterhalt oder von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 3. oder 4. Kapitel SGB XII haben im Fall des Bestehens einer Kranken- und Pflegeversicherung bei einem Versicherungsunternehmen Anspruch auf Übernahme von Beitragsaufwendungen, soweit sie angemessen sind und die Hilfesuchenden die Aufwendungen nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können. Der Begriff der „Angemessenheit“ lässt sich dabei nicht unter Rückgriff auf die in § 12 Abs. 1 c Satz 6, 2. Halbsatz VAG in der seit dem 1.Januar 2009 gültigen Fassung bestimmen. Insbesondere sind danach für Sozialhilfeempfänger die Beitragsaufwendungen, wie sie für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu tragen sind, nämlich in Höhe des ermäßigten Beitragssatzes, nicht angemessen, weil dies der gesetzgeberischen Intension widerspricht, allen in Deutschland lebenden Personen einen dauerhaften und ausreichenden Versicherungsschutz gegen das Risiko von Krankheit und Pflege auch in sozialen Bedarfssituationen sicher zu stellen.
Existenzminimum wäre durch Kürzung der Beitragszahlung gefährdet
Überdies würde eine Beitragsbegrenzung durch den Hilfeträger auf die Höhe des ermäßigten Beitragssatzes in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu unauflösbaren Wertungswidersprüchen führen, weil in diesem Fall für den Hilfebedürftigen eine monatliche Bedarfsunterdeckung in Höhe von rund 170,- € bestünde. Diese Finanzierungslücke könnte der Hilfeempfänger allein aus dem Regelsatz bestreiten. In diesem sind jedoch keine Leistungen für einen privaten Kranken- und Pflegeversicherungsschutz enthalten. Wollte man deshalb das Finanzierungsrisiko auf den Hilfeempfänger abwälzen, wäre hierdurch sein soziokulturelles Existenzminimum, auf das er einen verfassungsrechtlichen Anspruch hat und das auch einen Anspruch auf eine ausreichende medizinische Versorgung umfasst, gefährdet.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.11.2009
Quelle: ra-online, SG Karlsruhe
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