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Dokument-Nr. 12164

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss11.08.2011

Leistung von Krankengeld im einstweiligen Rechtsschutz – Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache nicht sachgerechtVerweisen auf möglichen Bezug von Leistungen nach dem SGB II nicht zumutbar

Einem gesetzlich Kranken­ver­si­cherten, kann dann Krankengeld im einstweiligen Rechtsschutz vorläufig zugesprochen werden, wenn ihm das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist. Ein Verweisen auf die Möglichkeit zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zur Absicherung des Lebens­un­ter­haltes ist dabei nicht sachgerecht. Die geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Landes­so­zi­al­ge­richts hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Antragsteller von seiner Krankenkasse ( Antragsgegnerin ) zunächst für mehr als zwei Monate Krankengeld bezogen. Von der behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie war unter anderem eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen diagnostiziert und eine Arbeitsunfähigkeit für die Tätigkeit als Krankenpfleger in einer Justiz­voll­zugs­anstalt bescheinigt worden. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Bayern (MDK Bayern) kam in einer Stellungsnahme nach Aktenlage zu einer deutlich abweichenden Diagnose und verwies unter Hinweis auf Konflikte am Arbeitsplatz auf die Möglichkeit einer inner­be­trieb­lichen Umsetzung des Antragstellers. Die Antragsgegnerin stellte daraufhin die Kranken­geld­leistung ein. Das Sozialgericht hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Verpflichtung zu Fortzahlung abgelehnt mit der Begründung, es fehle an der besonderen Eilbe­dürf­tigkeit. Ein bedürftiger Versicherter könne auf Leistungen zur Absicherung des Lebens­un­ter­haltes nach dem SGB II oder SGB XII verwiesen werden.

Bayerisches LSG: Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht sachgerecht

Das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben. Die Feststellungen des MGK Bayern begründeten keine Zweifel an der von der behandelnden Ärztin bescheinigten Arbeits­un­fä­higkeit. Der Stellungnahme habe ein unzutreffender Beurtei­lungs­maßstab abgestellt werden dürfen, sondern auf die beruflichen Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes. Ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache sah das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht als nicht sachgerecht. Der Antragsteller erleide wesentliche Nachteile, wenn er vorläufig auf die deutlich niedrigeren Leistungen nach dem SGB II verwiesen werde. Zumal dieser Leistungsbezug mit weiteren Folgen der geringeren Absicherung in anderen Zweigen der gesetzlichen Sozia­l­ver­si­cherung verbunden ist.

Zurückhaltung der Sozialgerichte beim Erlass von einstweiligen Anordnungen nicht immer gerechtfertigt

Die Entscheidung zeigt, dass die bisherige Zurückhaltung der Sozialgerichte beim Erlass von einstweiligen Anordnungen mit der Verpflichtung zur Fortzahlung von Krankengeld nicht in allen Fällen angezeigt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn offensichtlich ein Anspruch auf Krankengeld als Entgel­ter­satz­leistung besteht und ein Vertrösten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar erscheint.

Quelle: Bayerisches Landessozialgericht/ra-online

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