Die Regelung zur Entlohnung der Gefangenen in Art. 46 BayStVollzG sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Aus Art. 100, 101 der Bayerischen Verfassung ergibt sich die Verpflichtung des Gesetzgebers, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung hin auszurichten. Dies gilt auch für das Arbeitsentgelt der Gefangenen.
Den arbeitenden Gefangenen wird als finanziell unmittelbar wahrzunehmender Vorteil nach Art. 46 Abs. 2 BayStVollzG ein Entgelt in Höhe von 9 v. H. der Eckvergütung (Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung) gezahlt. Aktuell betragen die Tagessätze zwischen 8,28 € und 13,80 € bzw. die Stundensätze zwischen 1,04 € und 1,73 €. Der Verzicht auf den Haftkostenbeitrag bedeutet zudem ebenfalls eine geldwerte Gegenleistung in nicht unerheblicher Höhe. Hinzu kommt der zumindest mittelbar spürbare finanzielle Vorteil, dass die für die Gefangenen anfallenden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung vom Staat entrichtet werden. Die monetäre Entgeltkomponente wird durch nicht monetäre Leistungen ergänzt. Durch die Arbeit erwirbt der Gefangene einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, die auf Antrag durch Hafturlaub oder Haftverkürzung gewährt werden kann. Gemäß Art. 46 Abs. 6 Satz 1 BayStVollzG erfolgt für zwei Monate zusammenhängend geleistete Arbeit die Freistellung für einen Werktag.
Dieses Kombinationsmodell schafft jedenfalls in seiner Gesamtheit ein Vergütungssystems, das nicht gegen das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot verstößt. Die Gesamtentlohnung steht keinesfalls in einem derart unausgewogenen Verhältnis zum objektiven Wert der Gefangenenarbeit, dass sie nicht mehr als angemessene Anerkennung für die geleistete Arbeit einzustufen wäre.
Die Produktivität der Gefangenenarbeit bei Unternehmerbetrieben erreicht nur etwa 20 % des in der gewerblichen Wirtschaft erzielten Werts und bei Eigenbetrieben sogar deutlich unter 15 % dieser Vergleichsgröße. Zudem würde eine Erhöhung des monetären Vergütungsteils mit der erheblichen Gefahr des Verlusts von Gefangenenarbeitsplätzen einhergehen. Denn mit steigender Entlohnung wird die Gefangenenarbeit weniger konkurrenzfähig, sodass sowohl das Engagement von Unternehmerbetrieben unwirtschaftlich zu werden droht als auch die Wettbewerbsfähigkeit von Eigenbetrieben infrage gestellt wird. Der Gesetzgeber durfte schließlich auch in seine Überlegungen einbeziehen, dass der ihm zustehende Gestaltungsspielraum nicht nur durch die Ziele der Resozialisierung, sondern - wie üblicherweise bei der Gewährung staatlicher Leistungen - durch die wirtschaftliche Lage geprägt und beschränkt wird. Dass er deshalb zu dem Schluss gekommen ist, die mit einer höheren Entlohnung verbundenen Mehrkosten könnten nicht aufgebracht werden, ohne andere Aufgaben des Staates unvertretbar zu vernachlässigen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Schon mangels Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers lässt sich eine Verpflichtung zur Einbeziehung arbeitender Gefangener in die gesetzliche Rentenversicherung nicht ableiten.
Auch nach Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für das Strafvollzugsrecht auf die Länder ist die Kompetenz für die Einbeziehung der Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung beim Bund verblieben. Gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Grundgesetz ist die Sozialversicherung Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes, in deren Bereich die Länder nur dann und insoweit gesetzgebend tätig werden können, als der Bund von seiner Kompetenz keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 Grundgesetz). Welcher Personenkreis in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, hat der Bund jedoch mit dem Sechsten Buch des Sozialgesetzbuchs abschließend geregelt und von einer Einbeziehung Pflichtarbeit verrichtender Gefangener dabei bislang bewusst abgesehen. Für eine landesgesetzliche Regelung ist daher in diesem Bereich kein Raum.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.08.2010
Quelle: Bayerischer Verfassungsgerichtshof/ ra-online