Dokument-Nr. 12068
Permalink https://urteile.news/
- OVG Sachsen-Anhalt: Apothekenversandhandel darf nicht auf externes Unternehmen übertragen werdenOberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil14.10.2010, 2 L 245/08
- BVerwG: Keine Verlagerung des Notdienstes zwischen Haupt- und FilialapothekenBundesverwaltungsgericht, Urteil26.05.2011, BVerwG 3 C 21.10 und BVerwG 22.10
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil27.05.2011
Filialapotheke darf auch durch Gesellschafter einer Apotheken-OHG geleitet werdenFilialleitung durch gesellschaftlich verbundenen Apotheker kommt zugrunde liegendem Leitbild von eigenverantwortlicher und persönlicher Apothekenleitung näher als Leitung durch angestellten Apotheker
Sofern gemäß § 8 Satz 1 ApoG im Falle einer Apotheken-OHG jeder Gesellschafter persönlich eine Apothekenbetriebserlaubnis erhält, ist es mit der in § 2 Abs. 5 ApoG vorgesehenen Trennung zwischen der Leitung der Hauptapotheke durch den Betreiber (also der OHG) und der Leitung der Filialapotheke durch eine zu benennende andere Person vereinbar, wenn einem Gesellschafter die Leitung der Haupt- und einem anderen Gesellschafter die Leitung der Filialapotheke übertragen wird. Dies entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls – zwei Brüder, die jeweils als Apotheker und als Inhaber personenbezogener Einzelerlaubnisse in Traunstein zwei Apotheken gemeinsam in der Rechtsform einer OHG betreiben – wandten sich gegen die behördlicherseits bislang vertretene Auffassung, es sei nach dem Apothekenrecht nicht zulässig, einem „Gesellschafter“ die Leitung der Filialapotheke zu übertragen. Der Leiter hat vor Ort die persönliche Verantwortung für die Einhaltung der Verpflichtungen nach dem Apothekengesetz und der Apothekenbetriebsordnung.
Leitung der Hauptfiliale durch den einen und Leitung der Filialapotheke durch den anderen Gesellschafter zulässig
Nachdem die Kläger bereits in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht München obsiegten, hat in der Berufung auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den beiden Apothekern Recht gegeben. Soweit gem. § 8 Satz 1 ApoG im Falle einer Apotheken-OHG jeder Gesellschafter persönlich eine Apothekenbetriebserlaubnis erhält, sei es mit der in § 2 Abs. 5 ApoG vorgesehenen Trennung zwischen der Leitung der Hauptapotheke durch den Betreiber (also der OHG) und der Leitung der Filialapotheke durch einen zu benennenden anderen vom Wortlaut her vereinbar, wenn einem Gesellschafter die Leitung der Haupt- und einem anderen Gesellschafter die Leitung der Filialapotheke übertragen werde. Insbesondere sei diese Regelung, die von einer Personenverschiedenheit zwischen dem Betreiber und dem Verantwortlichen für eine Filialapotheke ausgeht, auf den Betrieb mehrerer Apotheken durch einen Erlaubnisinhaber zugeschnitten. Darüber hinaus komme die Filialleitung durch einen gesellschaftlich verbundenen Apotheker dem nach wie vor dem Apothekenrecht zugrunde liegenden Leitbild von der eigenverantwortlichen und persönlichen Apothekenleitung sogar näher als eine Leitung durch einen angestellten Apotheker. Ein Gesellschafter fühle sich typischerweise nicht nur primär für „seine“ Filialapotheke, sondern auch für das Florieren des Gesamtunternehmens verantwortlich.
Gesetz nimmt mögliche Interessenkonflikte zwischen mehreren gesellschaftlich verbundenen Betreibern grundsätzlich in Kauf
Das von den Klägern verfolgte Leitungskonzept stelle insofern eine wirtschaftlich sinnvolle Arbeitsteilung dar, die auch nicht dem Ziel des Apothekengesetzes zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und der Versorgungssicherheit abträglich sei. Mögliche Interessenkonflikte zwischen mehreren gesellschaftlich verbundenen Betreibern einer oder mehrerer Apotheken nehme das Gesetz grundsätzlich in Kauf. Es sei aber nicht ersichtlich, dass derartige Interessenkonflikte vermieden oder abgemildert werden könnten, wenn eine externe Person die Filialapotheke führe. Zudem würde es sich um eine Beschränkung der in Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit handeln, wenn eine gesetzliche Verpflichtung sämtlicher OHG-Gesellschafter zur gemeinsamen persönlichen Leitung der Haupt-Apotheke und zur Anstellung externer Apotheker für die Filialleitung bestünde (berufliche Kapazitäten blieben ungenutzt; unnutze Personalkosten). Rechtfertigende vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls seien insofern nicht ersichtlich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.08.2011
Quelle: Landesanwaltschaft Bayern/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil12068
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.