21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil23.06.2010

Äußerungen der IHK müssen in nachvoll­ziehbaren Zusammenhang mit gewerblicher Wirtschaft in ihrem Bezirk stehenIHK darf als öffentlich-rechtliche Körperschaft keine reine Inter­es­sen­ver­tretung sein

Industrie- und Handelskammern dürfen Stellungnahmen oder sonstige Erklärungen nur zu Themen abgeben, bei denen es um nachvoll­ziehbare Auswirkungen auf die gewerbliche Wirtschaft in ihrem Bezirk geht. Das hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte ein Reisebüro, das kraft Gesetzes Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer ist und sich gegen einzelne Äußerungen in einem Grundsatzpapier der IHK zu Themen der Bildungs-, Forschungs-, Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik, der so genannten „Limburger Erklärung“, wandte. Das Verwal­tungs­gericht hatte die Klage abgewiesen, der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof dagegen einen Teil der Äußerungen für rechtswidrig gehalten.

Äußerungen zu Themen, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft nur im Randbereich berühren, zulässig

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist dem vom Verwal­tungs­ge­richtshof aufgestellten rechtlichen Maßstab, nach dem Äußerungen zu Themen, die Interessen der gewerblichen Wirtschaft im Randbereich berühren, nur eingeschränkt zulässig sind, nicht gefolgt. Auch in diesem Bereich ist es den Industrie- und Handelskammern gestattet, das durch sie repräsentierte Gesamtinteresse ihrer Mitglieder zur Geltung zu bringen. Belange der gewerblichen Wirtschaft werden wahrgenommen, wenn die Äußerung sich auf einen Sachverhalt bezieht, der nachvoll­ziehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft im Bezirk der Industrie- und Handelskammer hat. Diese Auswirkungen müssen sich aus der Äußerung und ihrem textlichen Zusammenhang ergeben.

Äußerungen müssen sachlich sein und notwendige Zurückhaltung wahren

Da die Industrie- und Handelskammern als öffentlich-rechtliche Körperschaften öffentliche Aufgaben wahrnehmen, müssen sie auch bei ihrer Aufgabe, die gewerbliche Wirtschaft gegenüber dem Staat zu vertreten, das höchstmögliche Maß an Objektivität walten lassen und dürfen keine reine Inter­es­sen­ver­tretung sein. Das setzt voraus, dass ihre Äußerungen sachlich sind und die notwendige Zurückhaltung wahren.

Stellungnahme aufgrund zu spät genehmigter „Limburger Erklärung“ auch unabhängig von ihrem Inhalt rechtswidrig

Erklärungen und Stellungnahmen müssen zudem unter Einhaltung des dafür vorgesehenen Verfahrens zustande kommen. Die Pflicht­mit­glied­schaft der Gewer­be­trei­benden ist nur gerechtfertigt, wenn deren Gesamtinteresse, das die IHK wahrzunehmen hat, durch die nach Gesetz und Satzung zuständigen Gremien ermittelt wurde. Daran fehlte es im vorliegenden Fall, weil die „Limburger Erklärung“ erst nach ihrer Veröffentlichung von der Vollversammlung der Beklagten genehmigt wurde. Das macht sie auch unabhängig von ihrem Inhalt rechtswidrig.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht

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