18.10.2024
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Dokument-Nr. 34284

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Beschluss14.08.2024BundesverwaltungsgerichtBVerwG 6 VR 1.24
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Bundesverwaltungsgericht Beschluss14.08.2024

Bundes­ver­wal­tungs­gericht setzt Sofortvollzug des COMPACT-Verbots teilweise ausBundes­ver­wal­tungs­gericht hat Zweifel an der Verhält­nis­mä­ßigkeit

Dem Antrag der COMPACT-Magazin GmbH, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verbots­ver­fügung des Bundes­mi­nis­teriums des Innern und für Heimat (BMI) wieder­her­zu­stellen, hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht mit bestimmten Maßgaben stattgegeben. Demgegenüber hat das Gericht die Anträge weiterer Antragsteller abgelehnt.

Mit Verbots­ver­fügung vom 5. Juni 2024 - vollzogen am 16. Juli 2024 - stellte das BMI unter Berufung auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 2, § 17 Nr. 1 Var. 1 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Var. 2 GG fest, dass die Antragstellerin zu 1 - die COMPACT-Magazin GmbH - und ihre Teilor­ga­ni­sation, die Antragstellerin zu 2, sich gegen die verfas­sungs­mäßige Ordnung richteten, deshalb verboten würden und aufgelöst seien. Die Antragsteller zu 3 bis 10 werden in der Verbots­ver­fügung als Mitglieder genannt. Zur Begründung führte das BMI an, die Vereinigung lehne die verfas­sungs­mäßige Ordnung nach ihren Zwecken und ihrer Tätigkeit ab und weise eine verfas­sungs­feindliche Grundhaltung auf. Dies komme u. a. in zahlreichen Beiträgen des monatlich erscheinenden "COMPACT-Magazin für Souveränität" zum Ausdruck. Hiergegen haben die Antragsteller zu 1 bis 10 am 24. Juli 2024 Klage erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat. Zugleich haben sie jeweils Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, die vor allem darauf abzielen, den Betrieb als Presse- und Medien­un­ter­nehmen während der Dauer des anhängigen Klageverfahrens fortführen zu können.

Erfolgs­aus­sichten einer Klage offen

Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Verbots­ver­fügung erweisen sich die Erfolgs­aus­sichten der Klage der Antragstellerin zu 1 als offen. Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte und als Presse- und Medien­un­ter­nehmen tätige Antragstellerin zu 1. Alles spricht auch dafür, dass die Verbots­ver­fügung formell rechtmäßig ist. In materieller Hinsicht gibt es keine Zweifel daran, dass es sich bei der Antragstellerin zu 1 um einen Verein i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG handelt, der sich die Aktivitäten der Antragstellerin zu 2 als seiner Teilor­ga­ni­sation zurechnen lassen muss. Ob diese Vereinigung aber den - wie alle Gründe des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG, Art. 9 Abs. 2 GG eng auszulegenden - Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfas­sungs­mäßige Ordnung erfüllt, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat Zweifel an der Verhält­nis­mä­ßigkeit

Einzelne Ausführungen in den von der Antragstellerin zu 1 verbreiteten Print- und Online-Publikationen lassen zwar Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) erkennen. Es deutet auch Überwiegendes darauf hin, dass die Antragstellerin zu 1 mit der ihr eigenen Rhetorik in vielen Beiträgen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfas­sungs­grund­sätzen einnimmt. Zweifel bestehen jedoch, ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge in den Ausgaben des "COMPACT-Magazin für Souveränität" die Art. 1 Abs. 1 GG verletzenden Passagen für die Ausrichtung der Vereinigung insgesamt derart prägend sind, dass das Verbot unter Verhält­nis­mä­ßig­keits­punkten gerechtfertigt ist. Denn als mögliche mildere Mittel sind presse- und medien­rechtliche Maßnahmen, Veran­stal­tungs­verbote, orts- und veran­stal­tungs­be­zogene Äußerungs­verbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen in den Blick zu nehmen.

Abwägung hinsichtlich der vorläufigen Aussetzung des Vereinsverbots fällt zugunsten der Antragstellerin aus

Bei der dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht im Eilverfahren obliegenden Abwägung überwiegt das Ausset­zungs­in­teresse der Antragstellerin zu 1 das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung. Da die Vollziehung des Vereinsverbots zu der sofortigen Einstellung des gesamten Print- und Onlineangebots führt, das den Schwerpunkt der Tätigkeit der Antragstellerin zu 1 ausmacht, kommt ihrem Interesse an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage im Hinblick auf die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG ein besonderes Gewicht zu. Dem Anliegen der Antragsgegnerin, die Fortsetzung der Tätigkeiten der Vereinigung auf Dauer zu unterbinden, kann in ausreichendem Maße durch die in dem Beschluss näher bezeichneten Maßgaben Rechnung getragen werden. Diese dienen vor allem der weiteren Auswertung der beschlagnahmten Beweismittel für das anhängige Haupt­sa­che­ver­fahren.

Im Unterschied hierzu haben die Klagen der weiteren Antragsteller zu 2 bis 10 voraussichtlich keinen Erfolg. Ihre Eilanträge waren daher abzulehnen.

Hinweis

Am 09.08.2024 hat das Verwal­tungs­gericht Köln entschieden, dass ein Teilhaber der "Compact-Magazin GmbH" voraussichtlich waffenrechtlich unzuverlässig ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)

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