14.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Beschluss11.04.2018

BND muss Presse nur Auskunft über Anzahl laufender Strafverfahren wegen Geheim­nis­verrats gebenAus Pressefreiheit hergeleiteter Auskunfts­an­spruch wird durch straf­prozess­rechtliche Auskunfts­re­ge­lungen gegenüber Staats­an­walt­schaft und Strafgericht nicht verdrängt

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat den Bundes­nachrichten­dienst (BND) in einem Eilverfahren verpflichtet, einem Journalisten Auskunft darüber zu erteilen, wie viele laufende Strafverfahren nach Anklageerhebung gegen Mitarbeiter des Bundes­nachrichten­dienstes wegen der Weitergabe von Geheimnissen dem Bundes­nachrichten­dienst bekannt sind. Die weitergehenden Anträge hat es abgelehnt.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Antragsteller, ein Zeitungs­re­dakteur, beim - insoweit erstinstanzlich zuständigen - Bundes­ver­wal­tungs­gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, nachdem seine Auskunfts­be­gehren beim BND keinen Erfolg hatten. Er begehrte die Verpflichtung des BND, ihm Auskunft darüber zu erteilen,

1. wie viele laufende strafrechtliche Ermitt­lungs­ver­fahren gegen Mitarbeiter des Bundes­nach­rich­ten­dienstes (BND) wegen der Weitergabe von Geheimnissen (Geheimnisverrat) dem BND bekannt sind,

2. wie viele und welche laufenden Anklagen gegen Mitarbeiter des Bundes­nach­rich­ten­dienstes wegen der Weitergabe von Geheimnissen (Geheimnisverrat) dem BND bekannt sind,

3. welche Staats­an­walt­schaften jeweils für die unter 1 und 2 genannten Verfahren zuständig sind und welche Aktenzeichen die jeweiligen Verfahren haben.

Eilverfahren nur teilweise erfolgreich

Das Eilverfahren hat nur teilweise Erfolg gehabt. Zwar hat der Antragsteller für alle Auskunfts­anträge den Anordnungsgrund der Eilbe­dürf­tigkeit glaubhaft gemacht. Dafür reicht es aus, wenn ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berich­t­er­stattung vorliegen. Einen Anord­nungs­an­spruch hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht jedoch nur hinsichtlich des Antrags Nr. 2 für glaubhaft erachtet. Im Übrigen hat es die Anträge abgelehnt. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der aus dem Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) hergeleitete Auskunftsanspruch gegen den BND durch die straf­pro­zess­recht­lichen Auskunfts­re­ge­lungen gegenüber der Staats­an­walt­schaft und dem Strafgericht nicht verdrängt wird. Aufgrund des presse­recht­lichen Auskunfts­an­spruchs können Pressevertreter behördliche Auskünfte verlangen, soweit die Informationen bei der Behörde vorhanden sind und berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit nicht entgegenstehen.

Schutzwürdige Interessen öffentlicher Stellen oder Privatpersonen überwiegen nicht Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse des Antragstellers

Soweit der Antrag Nr. 2 auf Auskunft darauf zielt, wie viele Strafverfahren gegen Mitarbeiter des Bundes­nach­rich­ten­dienstes wegen Verletzung des Dienst­ge­heim­nisses (§ 353 b StGB) und der §§ 94 ff. StGB ab Anklageerhebung, d.h. in den Stadien vom straf­recht­lichen Zwischen- bis zum Hauptverfahren der Antragsgegnerin bekannt sind, hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht keine berechtigten schutzwürdigen Interessen öffentlicher Stellen oder Privater erkennen können, die das Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse des Antragstellers überwiegen. Denn es ist offenkundig, dass Nachrich­ten­dienste immer befürchten müssen, Mitarbeiter könnten ihnen anvertraute Dienst­ge­heimnisse verletzen, Staats­ge­heimnisse verraten oder gar einer geheim­dienst­lichen Agenten­tä­tigkeit für eine fremde Macht nachgehen. Solche Vorkommnisse sind Schicksal nahezu jeden Nachrich­ten­dienstes und erscheinen für sich allein nicht geeignet, das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Bundes­nach­rich­ten­dienstes in den Augen anderer Nachrich­ten­dienste so weit herabzusetzen, dass eine Kooperation gefährdet erschiene. Allein die Offenbarung statistischer Angaben über die Zahl von Strafverfahren bietet keinen tauglichen Ansatz, um Schwachstellen in der Sicher­heits­a­r­chi­tektur des Bundes­nach­rich­ten­dienstes auszumachen oder betroffene Mitarbeiter zu enttarnen. Straf­ver­fol­gungs­in­teressen werden auch nicht beeinträchtigt, da die betroffenen Mitarbeiter durch die Anklageschrift von dem gegen sie geführten Strafverfahren wissen.

Offenlegung von Angaben zu Ermitt­lungs­ver­fahren könnte Unter­su­chungszweck auch bereits durch Angabe rein statistischer Zahlen gefährden

Für alle übrigen Fragestellungen hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht im Eilverfahren nicht aufklärbare Unsicherheiten gesehen, aus denen sich möglicherweise berechtigte und überwiegende schutzwürdige Geheim­hal­tungs­in­teressen des BND und seiner Mitarbeiter ergeben. Denn bei der Offenlegung von Angaben zu Ermitt­lungs­ver­fahren vor Anklageerhebung könnte der Unter­su­chungszweck auch bereits durch die Angabe rein statistischer Zahlen gefährdet werden. Dies gilt aber insbesondere hinsichtlich der über rein statistische Angaben hinausgehenden Fragestellungen des Antragstellers. Die von dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht zu treffende Abwägung ist wegen des Gewichts der möglicherweise im Raum stehenden öffentlichen Belange des Geheim­nis­schutzes sowie berechtigter schutzwürdiger Interessen betroffener Mitarbeiter des Bundes­nach­rich­ten­dienstes an der Vertraulichkeit zulasten des Antragstellers ausgefallen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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