18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil28.11.2007

Bundes­nach­rich­ten­dienst muss Journalisten Akteneinsicht gewährenGrundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat entschieden, dass der Bundes­nach­rich­ten­dienst verpflichtet ist, einem Journalisten Auskunft über ihn betreffende perso­nen­be­zogene Daten zu erteilen, auch soweit diese in Akten enthalten sind.

Der Kläger ist als Journalist bei der Berliner Zeitung tätig. Darin wurde Anfang November 2005 ein Artikel veröffentlicht, in dem über die Observation eines Journalisten durch den Bundes­nach­rich­ten­dienst berichtet wurde. Das Thema wurde in den folgenden Wochen von anderen Medien aufgegriffen. Im November 2005 beauftragte das Parla­men­ta­rische Kontrollgremium des Deutschen Bundestages den Vorsitzenden Richter am Bundes­ge­richtshof a.D. Dr. Schäfer als Sachver­ständigen, den in der Presse erhobenen Vorwürfen nachzugehen, der Bundes­nach­rich­ten­dienst habe über längere Zeiträume hinweg Journalisten überwacht, um so deren Informanten aus dem Bundes­nach­rich­ten­dienst zu enttarnen. Im Mai 2006 wurde das in der Öffentlichkeit als "Schäfer- Bericht" bezeichnete Gutachten des Sachver­ständigen in einer teilweise anonymisierten Fassung veröffentlicht. In den Monaten Mai und Juni 2006 wurde in der Presse mehrfach darüber berichtet, dass ein namentlich bezeichneter Leipziger Journalist Informationen über den Kläger gegen Entgelt an den Bundes­nach­rich­ten­dienst weitergegeben habe.

Der Kläger begehrte daraufhin vom Bundes­nach­rich­ten­dienst Auskunft darüber, "welche Informationen und Daten Sie über mich gespeichert haben". Der Bundes­nach­rich­ten­dienst entsprach dem Auskunfts­be­gehren des Klägers nur hinsichtlich elektronisch gespeicherter Daten. Dagegen lehnte er Auskünfte über den Inhalt seiner Akten ab.

Die daraufhin erhobene Klage, für die das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in erster und letzter Instanz zuständig war, hatte Erfolg. Nach § 7 Satz 1 des Gesetzes über den Bundes­nach­rich­ten­dienst (BNDG) erteilt der Bundes­nach­rich­ten­dienst dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über zu seiner Person nach § 4 BNDG gespeicherte Daten. Obwohl in § 4 Abs.1 BNDG nur von der Speicherung von Informationen in Dateien die Rede ist, muss § 7 BNDG in Anbetracht des Grundrechts des Bürgers auf informationelle Selbst­be­stimmung aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verfas­sungs­konform dahin ausgelegt werden, dass zu "gespeicherten Daten" auch solche zählen, die in Akten enthalten sind, ohne elektronisch gespeichert zu sein. Der Ausgleich zwischen dem indivi­du­a­l­recht­lichen Auskunfts­an­spruch und dem nachrich­ten­dienst­lichen Geheim­hal­tungs­in­teresse wird dadurch gewährleistet, dass § 7 BNDG für die Auskunfts­ge­währung auf § 15 des Bundes­ver­fas­sungs­schutz­ge­setzes (BVerfSchG) verweist. Danach unterbleibt eine Auskunft­s­er­teilung u.a. dann, wenn eine Gefährdung der Aufga­be­n­er­füllung durch die Auskunft­s­er­teilung zu besorgen ist. Auf gerichtliche Nachfrage hin hat der Bundes­nach­rich­ten­dienst ausdrücklich erklärt, dass die in § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BVerfSchG genannten Geheim­hal­tungs­gründe einer Auskunft­s­er­teilung an den Kläger nicht im Wege stehen. Er hat sich lediglich "grundsätzlich aus Rechtsgründen daran gehindert" gesehen, dem Auskunfts­be­gehren zu entsprechen. Deshalb war der Klage stattzugeben.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 72/07 des BVerwG vom 28.11.2007

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