21.11.2024
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Dokument-Nr. 16388

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Bundesverwaltungsgericht Urteil31.07.2013

Entziehung des redlich erworbenen Doktorgrades bei späterer Unwürdigkeit rechtmäßigFälschung und Manipulation von Forschungs­ergebnissen rechtfertigen Entziehung des Doktortitels

Ein redlich erworbener Doktorgrad kann wegen eines späteren unwürdigen Verhaltens in der Gestalt der Manipulation und Fälschung von Forschungs­ergebnissen entzogen werden. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist Physiker. Er wurde von der beklagten baden-württem­ber­gischen Universität im Januar 1998 zum Doktor der Natur­wis­sen­schaften promoviert. Vom Sommer 1998 bis zum Herbst 2002 befasste sich der Kläger in einer Forschungs­ein­richtung in den USA mit Forschungen und Experimenten zur Supraleitung und zur Herstellung von Nano-Bauelementen. Er war an einer Vielzahl wissen­schaft­licher Publikationen beteiligt, die in der wissen­schaft­lichen Öffentlichkeit teilweise als bahnbrechend gewürdigt wurden.

Kläger hat mehrfach Daten manipuliert und falsch dargestellt

Nachdem eine von der Forschungs­ein­richtung eingesetzte Kommission nach der Untersuchung von 25 Ausarbeitungen aus den Jahren 1998 bis 2002 festgestellt hatte, dass der Kläger die Originaldaten der beschriebenen Experimente nicht systematisch archiviert sowie mehrfach Daten manipuliert und falsch dargestellt habe, endete dessen dortige Tätigkeit.

Universität entzieht verliehenen Doktorgrad

Im Juni 2004 entzog die beklagte Universität dem Kläger den von ihr verliehenen Doktorgrad. Sie stützte sich dabei in tatsächlicher Hinsicht auf die Untersuchungen der in den USA tätig gewordenen Kommission und in rechtlicher Hinsicht auf eine Vorschrift des baden- württem­ber­gischen Hochschulrechts, nach der ein Hochschulgrad entzogen werden kann, wenn sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Den Widerspruch des Klägers gegen die Entzie­hungs­ver­fügung wies die beklagte Universität im Oktober 2009 zurück. Zuvor hatte sie eine Fehleranalyse zu sieben der bereits durch die Kommission in den USA untersuchten Publikationen erstellt und war - wie auch bereits der Hauptausschuss der Deutschen Forschungs­ge­mein­schaft in Bezug auf zwei weitere Ausarbeitungen aus diesem Kreis - zu einem vergleichbaren Ergebnis gelangt.

Revision des Klägers erfolglos

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg im Breisgau hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten Universität hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Mannheim das erstin­sta­nzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Verstöße gegen Grundsätze guter wissen­schaft­licher Praxis führen zur Unwürdigkeit zum Führen des Doktortitels

Nach der für das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bindenden Auslegung der landes­recht­lichen Entzie­hungs­vor­schrift durch den Verwal­tungs­ge­richtshof hat der Rechtsbegriff des unwürdigen Verhaltens einen Wissen­schaftsbezug. Danach erweist sich ein Titelinhaber dann als unwürdig zur Führung des verliehenen Doktorgrades, wenn er den mit der Verleihung begründeten Vertrau­ens­vor­schuss im Hinblick auf ein wissen­schafts­kon­formes Arbeiten durch gravierende Verstöße gegen die Grundsätze guter wissen­schaft­licher Praxis enttäuscht hat, so dass zum Schutz des wissen­schaft­lichen Prozesses vor Irreführung eine Korrektur in Form der Entziehung vorgenommen werden muss. Mit dieser Ausrichtung auf den Wissen­schafts­prozess und nicht etwa auf einen vorgeblich herausgehobenen persönlichen Rang der Promovierten verletzt die landes­rechtliche Entzie­hungs­vor­schrift nicht das rechts­s­taatliche Gebot der Geset­zes­be­stimmtheit, zumal sie in ihrer bindenden Auslegung durch den Verwal­tungs­ge­richtshof nur vorsätzliche oder grob fahrlässige Verstöße gegen wissen­schaftliche Kernpflichten erfasst, zu denen insbesondere das Verbot einer Erfindung, Fälschung oder Manipulation von Forschungs­er­geb­nissen gehört. Mit diesem Inhalt ist die Vorschrift auch mit dem Grundrecht der Wissen­schafts­freiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Ermes­sens­ausübung der beklagten Universität vom Verwal­tungs­ge­richtshof zu Recht nicht beanstandet

Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat festgestellt, dass der Kläger die derart verstandenen Unwür­dig­keits­vor­aus­set­zungen durch die Fälschung und Manipulation von Daten erfüllt hat. Mit seinen gegen diese Feststellungen gerichteten Verfahrensrügen ist der Kläger vor dem Bundes­ver­wal­tungs­gericht nicht durchgedrungen. Auch die Ermes­sens­ausübung der beklagten Universität hat der Verwal­tungs­ge­richtshof zu Recht nicht beanstandet.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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