23.11.2024
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Dokument-Nr. 12758

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Urteil14.12.2011BundesverwaltungsgerichtBVerwG 6 C 36.10
Vorinstanz:
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil25.08.2010, 21 K 3702/09
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Bundesverwaltungsgericht Urteil14.12.2011

Bundes­netz­agentur darf aktuelle Erkenntnisse bei rückwirkender Anordnung einer Entgelt­ge­neh­mi­gungs­pflicht nicht ausblendenGericht hebt ergänzenden Regulie­rungs­ver­fügung der Bundes­netz­agentur auf

Die Bundes­netz­agentur als Regulie­rungs­behörde für den Bereich der Telekom­mu­ni­kation darf zwar eine Geneh­mi­gungs­pflicht für die Entgelte eines marktmächtigen Unternehmens grundsätzlich auch mit rückwirkender Geltung anordnen, darf bei ihrer Ermes­sen­s­ent­scheidung aber nicht allein die Erkenntnislage in dem Zeitpunkt zugrunde legen, auf den die Geneh­mi­gungs­pflicht zurückbezogen wird. Das hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls, die Deutsche Telekom AG, betreibt öffentliche Telekom­mu­ni­ka­ti­o­nsnetze. Sie bietet unter anderem breitbandige digitale Daten­über­tra­gungs­dienste an. Die Bundesnetzagentur stellte fest, dass die Klägerin auf einem insoweit abgegrenzten Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt. Sie legte ihr deshalb in einer Regulie­rungs­ver­fügung aus dem September 2006 verschiedene Pflichten auf, die insbesondere den Zugang von Wettbewerbern zu diesem Markt sicherstellen sollen. Sie ordnete ferner an, dass die Entgelte der Klägerin einer Geneh­mi­gungs­pflicht unterliegen und die Klägerin ein Standardangebot für die von ihr abzuschlie­ßenden Verträge zu veröffentlichen hat.

Bundes­netz­agentur unterwirft Entgelte der Telekom rückwirkend erneut der Genehmigung und verpflichtete sie zur Veröf­fent­lichung von Standa­r­d­an­geboten

Auf die Klage der Klägerin hob das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in einem früheren Revisi­ons­ver­fahren unter Abweisung der Klage im Übrigen diese Regulie­rungs­ver­fügung auf, soweit die Pflicht zur Entgelt­ge­neh­migung und zur Veröf­fent­lichung eines Standa­r­d­an­gebots betroffen war, weil die Bundes­netz­agentur das ihr eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt habe (vgl. Bundes­ver­wal­tungs­gericht, Urteil v. 28.01.2009 - BVerwG 6 C 39.07 -). Durch eine Verfügung aus dem Juni 2009 ergänzte die Bundes­netz­agentur ihre Regulie­rungs­ver­fügung aus dem September 2006. Sie unterwarf rückwirkend ab diesem Zeitpunkt die Entgelte der Klägerin erneut der Genehmigung und verpflichtete sie, ein Standardangebot zu veröffentlichen. Sie stellte sich dabei auf den Standpunkt, ob und welche Verpflichtungen der Klägerin nachträglich aufzuerlegen seien, beurteile sich maßgeblich nach der Sachlage, wie sie bei Erlass der Regulie­rungs­ver­fügung im September 2006 bestanden habe. Alle in der Folgezeit gewonnenen Erkenntnisse müsse sie - die Bundes­netz­agentur - ausblenden.

Klage der Telekom vor dem Verwal­tungs­gericht erfolglos

Die Klage der Klägerin gegen die ergänzende Regulie­rungs­ver­fügung hat das Verwal­tungs­gericht Köln abgewiesen. Es hat unter anderem angenommen, die Pflichten aus der ursprünglichen Regulie­rungs­ver­fügung und die rückwirkend erneut auferlegten Pflichten bildeten ein einheitliches Regulie­rungs­konzept, mit der Folge, dass es für ihre Rechtmäßigkeit allein auf die Sachlage bei Erlass der ursprünglichen Regulie­rungs­ver­fügung ankommen könne.

Ergänzung einer schon bestehenden Regulie­rungs­ver­fügung darf nicht auf alter Sachlage aufbauen

Auf die Revision der Klägerin hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die ergänzende Regulie­rungs­ver­fügung der Bundes­netz­agentur aufgehoben. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hält es allerdings grundsätzlich für zulässig, eine gerichtlich aufgehobene Geneh­mi­gungs­pflicht unter Vermeidung des festgestellten Ermes­sens­fehlers rückwirkend wieder anzuordnen. Die erneute Anordnung der Geneh­mi­gungs­pflicht und ihre Rückwirkung sind geeignet, inzwischen bereits ergangenen einzelnen Entgelt­ge­neh­mi­gungen nachträglich die erforderliche Grundlage wieder­zu­ver­schaffen und diese so abzusichern. Für die Rechtmäßigkeit der ergänzenden Regulie­rungs­ver­fügung kommt es aber auf die Erkenntnislage zum Zeitpunkt ihres Erlasses an. Die zwischen­zeitlich aufgehobene Auferlegung der Pflicht zur Entgelt­ge­neh­migung beruhte auf der prognostischen Abschätzung der Markt­ent­wicklung während der Regulie­rungs­periode. Bei der späteren Entscheidung über die erneute Auferlegung dieser Pflicht darf nicht unberück­sichtigt bleiben, ob und inwieweit im Lichte aktueller Erkenntnisse die seinerzeitige Prognose weiterhin stichhaltig ist. Eine etwa erforderliche Ergänzung einer schon bestehenden Regulie­rungs­ver­fügung darf nicht auf der alten Sachlage aufbauen, die möglicherweise zugunsten des Regulie­rungs­adressaten bereits überholt ist. Ähnliche Überlegungen gelten für die rückwirkend erneuerte Pflicht, ein Standardangebot zu veröffentlichen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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