15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil26.09.2019

Kennzeichnungs­pflicht für Polizei­vollzugs­beamte in Brandenburg verfas­sungsgemäßEingriff in Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung beruht auf hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlagen

Seit dem 1. Januar 2013 schreibt das Polizeigesetz des Landes Brandenburg vor, dass uniformierte Polizei­vollzugs­bedienstete bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung ein Namensschild tragen. Wird der Beamte in einer geschlossenen Einheit (Hundertschaft) eingesetzt, wird das Namensschild durch eine zur nachträglichen Identitäts­fest­stellung geeignete Kennzeichnung ersetzt. Diese gesetzliche Regelung ist verfas­sungsgemäß. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwei Polizeibeamte aus Brandenburg, die auch in geschlossenen Einheiten verwendet werden, hatten beim Polizei­prä­sidium erfolglos beantragt, von der Verpflichtung zum Tragen des Namensschilds und des Kennzeichens befreit zu werden.

Ihre Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Verpflichtung zum Tragen eines Namensschildes genügt dem Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht wies auch die Revision der Kläger zurück. Zwar greift die Verpflichtung zum Tragen des Namensschilds in das auch Beamten ungeschmälert zustehende Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung ein, weil sie verpflichtet sind, ihren Nachnamen gegenüber Dritten im Rahmen von Amtshandlungen zu offenbaren. Dieser Eingriff ist aber verfassungsgemäß. Er beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Der Gesetzgeber hat die wesentlichen Entscheidungen - auch über Ausnahmen von der Verpflichtung - nach einer parla­men­ta­rischen Debatte selbst getroffen. Die Verpflichtung genügt dem Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit. Sie dient zum einen der Stärkung der Bürgernähe und der Transparenz der Arbeit der Polizei. Zum anderen gewährleistet sie die leichtere Aufklärbarkeit etwaiger Straftaten oder nicht unerheblicher Dienst­pflicht­ver­let­zungen von Polizei­voll­zugs­beamten und beugt damit solchen vor.

Kennzeich­nungs­pflicht trägt Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung

Auch die Verpflichtung zum Tragen des Kennzeichens bei einem Einsatz in geschlossenen Einheiten greift in das Recht des Beamten auf informationelle Selbst­be­stimmung ein. Anhand dieses Kennzeichens kann der Beamte später identifiziert werden. Bei der Verpflichtung zum Tragen der Kennzeichnung tritt der Gedanke der leichteren Aufklärbarkeit von Straftaten oder Dienst­pflicht­ver­let­zungen von uniformierten Polizeibeamten und damit auch der Gesichtspunkt der Prävention in den Vordergrund. Wegen der Möglichkeit der Identifizierung ist auch gewährleistet, dass die Vielzahl rechtmäßig handelnder Beamter von einer Einbeziehung in Ermittlungen verschont bleibt. Die Kennzeichnungspflicht ist zudem eine Möglichkeit, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung zu tragen. Die ergänzend heran­zu­zie­henden daten­schutz­recht­lichen Vorschriften des Landes Brandenburg sichern die zweck­ent­spre­chende Verwendung der Daten über die Zuordnung der Kennzeichnung.

§ 9 BbgPolG hat folgenden Wortlaut:

§ 9

Legitimations- und Kennzeich­nungs­pflicht

(1) Auf Verlangen des von einer Maßnahme Betroffenen haben sich Polizei­voll­zugs­be­dienstete auszuweisen.

(2) Polizei­voll­zugs­be­dienstete tragen bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung ein Namensschild.

Das Namensschild wird beim Einsatz geschlossener Einheiten durch eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung ersetzt.

(3) Die Legiti­ma­ti­o­ns­pflicht und die namentliche Kennzeichnung gelten nicht, soweit der Zweck der Maßnahme oder Amtshandlung oder überwiegende schutzwürdige Belange des Polizei­voll­zugs­be­diensteten dadurch beeinträchtigt werden.

(4) Das für Inneres zuständige Mitglied der Landesregierung regelt Inhalt, Umfang und Ausnahmen von diesen Verpflichtungen durch Verwal­tungs­vor­schrift.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil27906

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI