18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil18.04.2013

Nachzugs­an­spruch der Eltern eines minderjährigen Flüchtlings besteht bis zur Volljährigkeit des KindesEltern müssen Möglichkeit zur Durchsetzung des Visumanspruchs rechtzeitig vor Erreichen der Volljährigkeit des Kindes per einstweiliger Anordnung haben

Die Eltern eines minderjährigen Flüchtlings, der sich ohne Begleitung in Deutschland aufhält, haben grundsätzlich beide einen Anspruch auf Nachzug zu ihrem Kind. Dieser Anspruch besteht jedoch nur bis zur Volljährigkeit des Kindes. Das entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Im zugrunde liegenden Fall begehrte eine irakische Staats­an­ge­hörige die Erteilung eines Visums zum Nachzug zu ihrem im Alter von 16 Jahren nach Deutschland eingereisten Sohn. Diesem war als unbegleitetem Minderjährigen mit Hilfe eines Schleusers die Flucht aus dem Irak gelungen. Er wurde im Juni 2009 in Deutschland wegen seiner yezidischen Glaubens­zu­ge­hö­rigkeit als Flüchtling anerkannt und erhielt eine Aufent­halt­s­er­laubnis.

Deutsche Botschaft erteilt Visum nur für einen Elternteil

Daraufhin beantragten seine Eltern für sich und ihre weiteren fünf Kinder im November 2009 bei der Deutschen Botschaft Visa zur Famili­en­zu­sam­men­führung. Da die Botschaft nur zur Erteilung eines Visums an einen Elternteil bereit war, entschieden die Eheleute, dass der Vater nach Deutschland reisen solle. Dieser erhielt im Februar 2010 das beantragte Visum und nach Einreise eine bis März 2011 befristete Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 36 Abs. 1 Aufent­halts­gesetz (AufenthG). Die Visumanträge der Mutter und ihrer weiteren Kinder wurden hingegen abgelehnt. Der Vater reiste nach Ablauf seiner Aufent­halt­s­er­laubnis in sein Heimatland zurück.

OVG: Sohn war aufgrund der Anwesenheit des Vaters kein unbegleiteter Minderjähriger

Die auf Erteilung des Visums gerichtete Verpflich­tungsklage der Mutter hatte beim Verwal­tungs­gericht Erfolg, wurde vom Oberver­wal­tungs­gericht aber abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass sich zum Zeitpunkt, als der Sohn volljährig wurde, ein perso­nen­sor­ge­be­rech­tigter Elternteil, nämlich der Vater, in Deutschland aufgehalten habe. Der Sohn sei damit kein unbegleiteter Minderjähriger mehr gewesen, wie das § 36 Abs. 1 AufenthG voraussetze.

Nachzugs­an­spruch der Klägerin war ursprünglich begründet, zum Zeitpunkt der Verhandlung jedoch wegen der Volljährigkeit des Kindes verfallen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts im Ergebnis bestätigt. Er hat allerdings - anders als das für die Visaerteilung zuständige Auswärtige Amt - einen Nachzugs­an­spruch der Klägerin als ursprünglich begründet angesehen. Denn das Nachzugsrecht zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling steht nach § 36 Abs. 1 AufenthG beiden Eltern zu und darf für einen Elternteil nicht dadurch vereitelt werden, dass die Botschaft nur einem von beiden das gleichzeitig beantragte Visum erteilt und dem anderen dann entgegenhält, das Kind sei jetzt nicht mehr ohne elterlichen Beistand. Der Nachzugs­an­spruch besteht allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind volljährig wird, hier also bis zum 1. Dezember 2010. Anders als beim Kindernachzug nach § 32 AufenthG reicht eine Antragstellung vor Erreichen der Volljährigkeit nicht aus, um den Anspruch zu erhalten. Zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Oberver­wal­tungs­gericht im Dezember 2011, auf den es für die Entscheidung des Nachzugs­be­gehrens ankommt, war hier der Anspruch der Klägerin schon entfallen. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat in seinem Urteil zugleich aufgezeigt, dass Eltern die Möglichkeit haben müssen, ihren Visumanspruch mit Hilfe einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO rechtzeitig vor Erreichen der Volljährigkeit des Kindes effektiv durchzusetzen, weil andernfalls ihr Nachzugs­be­gehren vereitelt würde.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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