23.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil05.06.2014

Frühere Versäumnisse beim Spracherwerb aus Krank­heits­gründen stehen Einbürgerung nicht entgegenAusnah­me­re­gelung zugunsten von kranken oder behinderten Personen für Einbürgerung im Änderungsgesetz von 2007 ausdrücklich festgelegt

Kann ein Ausländer wegen Krankheit, Behinderung oder Alters nicht die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache erwerben, darf seinem Ein­bürgerungs­begehren nicht entge­gen­ge­halten werden, er habe es in der Vergangenheit versäumt, sich diese Kenntnisse anzueignen. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, eine 1939 geborene iranische Staats­an­ge­hörige, reiste 1988 in das Bundesgebiet ein und wurde 1995 als Asylberechtigte anerkannt. Im Jahr 2008 beantragte sie ihre Einbürgerung und gab unter Vorlage eines ärztlichen Attests an, aus gesund­heit­lichen Gründen nicht in der Lage zu sein, die gesetzlich vorge­schriebenen deutschen Sprach­kenntnisse zu erwerben. Das wurde durch eine amtsärztliche Untersuchung bestätigt.

Einbürgerung wegen nicht erfüllter sprachlichen Anforderungen abgelehnt

Die Beklagte lehnte die Einbürgerung der Klägerin mit der Begründung ab, dass sie nicht die sprachlichen Anforderungen erfülle. Weil sie seit ihrer Einreise genügend Zeit gehabt habe, die erforderlichen Deutschkenntnisse zu erwerben, könne sie sich nun nicht darauf berufen, gegenwärtig nicht mehr Deutsch lernen zu können. Das Verwal­tungs­gericht verpflichtete die Beklagte zur Einbürgerung der Klägerin, da die Berück­sich­tigung etwaiger Versäumnisse in der Vergangenheit im Gesetz keine Stütze finde. Das Oberver­wal­tungs­gericht ist dem gefolgt.

Für mögliche Anwendung des Ausnah­me­tat­be­stands sind ausschließlich Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über Einbür­ge­rungs­antrag entscheidend

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bestätigte diese Auffassung und wies die Revision der Beklagten zurück. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 des Staats­an­ge­hö­rig­keits­ge­setzes (StAG) setzt die Einbürgerung voraus, dass ein Ausländer über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Von dieser Voraussetzung wird nach dem im Jahr 2007 in das Gesetz eingefügten Absatz 6 der Vorschrift abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann. Für die Anwendung dieses Ausnah­me­tat­be­stands kommt es nach dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang nur auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbür­ge­rungs­antrag an. Ob der Ausländer in der Vergangenheit ausreichende Sprach­kenntnisse hätte erwerben können, ist auch nach der Entste­hungs­ge­schichte sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift ohne Bedeutung. Zwar hat der Gesetzgeber die Sprachan­for­de­rungen bei der Einbürgerung im Laufe der Zeit kontinuierlich verschärft. Zugleich hat er aber im Änderungsgesetz von 2007 auch eine Ausnah­me­re­gelung zugunsten von kranken oder behinderten Personen sowie Personen geschaffen, die diese Anforderungen aufgrund ihres Alters nicht mehr erfüllen können. Da die Klägerin mit Ausnahme des Sprach­er­for­der­nisses alle Einbür­ge­rungs­vor­aus­set­zungen erfüllt, die notwendigen Sprach­kenntnisse aber krank­heits­bedingt nicht mehr erwerben kann, ist hiervon abzusehen und die Klägerin einzubürgern.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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