21.11.2024
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Dokument-Nr. 18710

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Beschluss19.08.2014BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 C 1.14, BVerwG 1 C 3.14, BVerwG 1 C 7.14
Vorinstanz zu BVerwG 1 C 1.14:
  • Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil21.11.2013, 18 A 1291/13
  • Verwaltungsgericht Münster, Urteil18.04.2013, 8 K 295/13
Vorinstanz zu BVerwG 1 C 3.14:
  • Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil11.12.2013, 2 LC 222/13
  • Verwaltungsgericht Hannover, Urteil09.04.2013, 2 A 4072/12
Vorinstanz zu BVerwG 1 C 7.14:
  • Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss28.03.2014, 2 LC 14/14
  • Verwaltungsgericht Stade, Beschluss23.08.2013, 6 A 970/13
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Beschluss19.08.2014

EuGH soll Zulässigkeit auslän­der­recht­licher Wohnsitz­auflagen klärenAufent­halt­s­er­laubnis mit Wohnsitzauflage bei Ausländern mit subsidiärem Schutzstatus

Mit der Frage, ob die Wohnsitz­auflagen gegenüber Ausländern mit subsidiärem Schutzstatus rechtmäßig sind, muss sich nun der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg beschäftigen. Die Fragen betreffen die Auslegung der Richtlinie 2011/95/EU der Europäischen Union vom 13. Dezember 2011 (Quali­fi­ka­ti­o­ns­richtlinie). Diese dient u.a. dazu, einheitliche Regelungen über den Schutz zu treffen, den anerkannte Flüchtlinge und Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz innerhalb der Europäischen Union genießen. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie mit Wirkung zum 1. Dezember 2013 umgesetzt.

Die Kläger der Ausgangs­ver­fahren stammen aus Syrien und sind in den Jahren 1998 und 2001 nach Deutschland eingereist. Ihnen wurde zwar nicht die Flücht­lings­ei­gen­schaft, wohl aber der Status von Personen mit subsidiärem Schutz zuerkannt. Wegen des Bezuges von Sozia­l­leis­tungen nach dem SGB II wurde ihre Aufent­halt­s­er­laubnis mit der Auflage verbunden, ihren Wohnsitz in einer bestimmten Stadt bzw. in einem bestimmten Landkreis zu nehmen. Die Beklagten haben die verfügten Wohnsitz­auflagen auf die Allgemeinen Verwal­tungs­vor­schriften des Bundes­mi­nis­teriums des Innern gestützt, wonach mit Hilfe einer regionalen Bindung u.a. eine übermäßige finanzielle Belastung einzelner Länder und Kommunen verhindert werden soll.

OVG Nordrhein-Westfalen hält Wohnsitzauflage für unvereinbar mit Unionsrecht

Das Oberver­wal­tungs­gericht für das Land Nordrhein-Westfalen hält derartige Wohnsitz­auflagen für unvereinbar mit Unionsrecht. Ihnen stünden die Regelungen der Qualifikationsrichtlinie entgegen, die sich auf die Bewegungs­freiheit im Staatsgebiet (Art. 33) und auf die Gewährung von Sozialhilfe beziehen (Art. 29). Für Personen mit subsidiärem Schutzstatus gelte insoweit nichts anderes als für anerkannte Flüchtlinge, bei denen nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts die Genfer Flücht­lings­kon­vention derartige Auflagen verbiete.

Nieder­säch­sisches OVG: Kein entgegenstehen der Wohnsitzauflage gegenüber Quali­fi­ka­ti­o­ns­richtlinie

Demgegenüber hält das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht die Wohnsitz­auflagen für vereinbar mit Unionsrecht. Die maßgeblichen Regelungen in der Quali­fi­ka­ti­o­ns­richtlinie wichen inhaltlich von der Genfer Flücht­lings­kon­vention ab und blieben im Schutzniveau dahinter zurück. Daher dürften Wohnsitz­auflagen gegenüber subsidiär Schutz­be­rech­tigten verfügt werden.

Vereinbarkeit von Wohnsitz­auflagen mit Richtlinie 2011/95/U wirft europa­rechtliche Zweifelsfragen auf

Die Vereinbarkeit von Wohnsitz­auflagen für subsidiär Schutz­be­rechtigte mit der Richtlinie 2011/95/EU wirft europa­rechtliche Zweifelsfragen auf. Der 1. Revisionssenat hat daher eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union beschlossen. Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorab­ent­scheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:

Erläuterungen

1) Stellt die Auflage, den Wohnsitz in einem räumlich begrenzten Bereich (Gemeinde, Landkreis, Region) des Mitgliedstaats zu nehmen, eine Einschränkung der Bewegungs­freiheit im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU dar, wenn der Ausländer sich ansonsten im Staatsgebiet des Mitgliedstaats frei bewegen und aufhalten kann?

2) Ist eine Wohnsitzauflage gegenüber Personen mit subsidiärem Schutzstatus mit Art. 33 und/oder Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU vereinbar, wenn sie darauf gestützt wird, eine angemessene Verteilung öffentlicher Sozia­l­hil­fe­lasten auf deren jeweilige Träger innerhalb des Staatsgebiets zu erreichen?

3) Ist eine Wohnsitzauflage gegenüber Personen mit subsidiärem Schutzstatus mit Art. 33 und/oder Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU vereinbar, wenn sie auf migrations- oder integra­ti­o­ns­po­li­tische Gründe gestützt wird, etwa um soziale Brennpunkte durch die gehäufte Ansiedlung von Ausländern in bestimmten Gemeinden oder Landkreisen zu verhindern? Reichen insoweit abstrakte migrations- oder integra­ti­o­ns­po­li­tische Gründe aus oder müssen solche Gründe konkret festgestellt werden?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ ra-online

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