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Bundesverwaltungsgericht Urteil15.01.2008

Wohnsitz­be­schrän­kungen für anerkannte Flüchtlinge sind rechtswidrigVerstoß gegen Genfer Flücht­lings­kon­vention

Die Übereinkunft unter den Bundesländern, dass sozial­be­dürftige anerkannte Asylbewerber nicht in ein anderes Bundesland umziehen dürfen, ist rechtswidrig. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden. Es sieht hierin einen Verstoß gegen die Genfer Flücht­lings­kon­vention.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass wohnsitz­be­schränkende Auflagen für anerkannte Flüchtlinge rechtswidrig sind, wenn die Auslän­der­be­hörden damit das Ziel verfolgen, die finanzielle Belastung durch Sozia­l­leis­tungen anteilig auf die Bundesländer zu verteilen.

Die Kläger, tschet­sche­nische Volkszugehörige aus Russland, waren im Jahr 2004 in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt worden. Sie erhielten daraufhin von der Auslän­der­behörde des Landkreises Trier-Saarburg Aufent­halts­be­fugnisse, die wegen des Bezugs von Sozialhilfe jeweils mit der Auflage versehen waren, dass die Wohnsitznahme auf das Land Rheinland-Pfalz beschränkt ist. Zur Begründung verwies die Auslän­der­behörde auf eine bundes­ein­heitliche, durch Ländererlasse geregelte Vorgabe, mit der eine Verlagerung von Sozia­l­hil­fe­lasten in andere Bundesländer durch Binnenwanderung bestimmter Gruppen von Ausländern vermieden werden solle. Das Oberver­wal­tungs­gericht Koblenz hat die auf § 12 Abs. 2 Satz 2 Aufent­halts­gesetz gestützten Auflagen wegen Verstoßes gegen die Genfer Flücht­lings­kon­vention (GFK) und das Europäische Fürsor­ge­ab­kommen aufgehoben. Der 1. Senat des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hat die Auflagen ebenfalls als rechtswidrig beurteilt. Die Genfer Flücht­lings­kon­vention garantiert anerkannten Flüchtlingen grundsätzlich Freizügigkeit. Dieses Recht kann zwar eingeschränkt werden, allerdings nicht aus Gründen der Verteilung öffentlicher Fürsorgelasten. Art. 23 GFK schreibt vor, dass anerkannten Flüchtlingen auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge die gleiche Behandlung wie den eigenen Staats­an­ge­hörigen gewährt wird. Die mit Fürsor­ge­leis­tungen verbundenen finanziellen Belastungen für die öffentlichen Haushalte rechtfertigen aber bei Deutschen – und damit auch bei Flüchtlingen – keine Wohnsitz­be­schränkung.

Nach Art. 26 GFK können allerdings Wohnsitz­be­schrän­kungen auch gegenüber Flüchtlingen verhängt werden, wenn die Beschränkungen allgemein für Ausländer unter den gleichen Umständen gelten. Das umfasst nach Auffassung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts auch Wohnsitz­auflagen aus integra­ti­o­ns­po­li­tischen Gründen.

Der beklagte Landkreis hat sich im gerichtlichen Verfahren zwar ergänzend auf solche Ziele berufen, diese aber weder hinreichend präzisiert noch zum Gegenstand seiner Ermes­sen­s­ent­scheidung gemacht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 01/08 des BVerwG vom 15.01.2008

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