15.11.2024
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Dokument-Nr. 9488

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Bundesverwaltungsgericht Urteil13.04.2010

BVerwG: Neuer Zeitpunkt für Beurteilung der Rücknahme von Aufent­halt­s­er­laub­nissenNach Abschluss eines behördlichen Verfahrens eingetretene Änderungen der Sach- und Rechtslage sind bei Rücknahme von Aufent­halt­s­er­laub­nissen zu berücksichtigen

Bei der Rücknahme von Aufent­halt­s­er­laub­nissen sind Änderungen der Sach- und Rechtslage, die nach Abschluss des behördlichen Verfahrens eingetreten sind, von den Tatsa­chen­ge­richten zu berücksichtigen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Mit seiner Entscheidung hat der Bundes­ge­richtshof seine neue Rechtsprechung zur Verlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für die gerichtliche Beurteilung von Ausweisungen auch auf die Fälle der Aufent­halts­be­en­digung durch Rücknahme oder Widerruf eines unbefristeten Aufent­halt­s­titels übertragen (vgl. Bundes­ver­wal­tungs­gericht, Urteil v. 15.11.2007 - BVerwG 1 C 45.06 -).

Sachverhalt

In dem Verfahren ging es um einen irakischen Staats­an­ge­hörigen, der 1995 in Deutschland als Asylbe­rech­tigter und Flüchtling anerkannt worden war und deshalb eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten hatte. 1998 stellte sich heraus, dass er zuvor bereits 1990 unter anderem Namen in Österreich erfolglos ein Asylverfahren betrieben hatte. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) nahm daher im Jahr 2000 die Asylanerkennung zurück und widerrief die Flücht­lings­a­n­er­kennung wegen nicht mehr bestehender Gefährdung. Daraufhin nahm die Auslän­der­behörde im Jahr 2002 die unbefristete Aufent­halt­s­er­laubnis mit Wirkung für die Zukunft zurück und drohte dem Kläger die Abschiebung in den Irak an. Das öffentliche Interesse an der Beendigung des durch Täuschung erwirkten Aufenthalts überwiege das persönliche Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat den Bescheid einschließlich der darin enthaltenen Ermes­sens­ausübung für rechtmäßig gehalten und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat es entsprechend der bisherigen Rechtsprechung auf den Zeitpunkt der letzten Behör­den­ent­scheidung, hier den Wider­spruchs­be­scheid im Jahr 2003, und nicht auf den Zeitpunkt seiner gerichtlichen Entscheidung im Jahr 2008 abgestellt.

Bei Rücknahme des Aufent­halt­s­titels ist Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsa­chen­ge­richts entscheidend

Auf die Revision des Klägers hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden, dass nunmehr wie bei der Ausweisung auch bei Rücknahme eines Aufent­halt­s­titels grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsa­chen­ge­richts abzustellen ist. Denn insoweit ist die Interessenlage im Falle einer Aufent­halts­be­en­digung, sei es durch Ausweisung, sei es durch Rücknahme oder Widerruf des Aufent­halt­s­titels, weitgehend gleich. Insbesondere ist ein möglicher Eingriff in das Privat- und Familienleben in all diesen Fällen aufgrund der aktuellen, im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage zu beurteilen. Zur Nachholung dieser Prüfung wurde der Rechtsstreit an das Oberver­wal­tungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht

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