18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil02.12.2020

BVerwG: Chromosomen-Screening ohne Zustimmung der Ethikkommission unzulässigBVerwG zu den Bedingungen für Präim­plan­tations­diagnostik

Genetische Untersuchungen an in vitro erzeugten Embryonen im Blasto­zys­ten­stadium (ca. 5 Tage nach der Befruchtung) auf numerische Chromosomen­aberrationen erfüllen die Voraussetzungen einer Präim­plan­tations­diagnostik (PID) nach dem Embryonen­schutzgesetz (ESchG). Sie dürfen daher nicht ohne zustimmende Bewertung einer Ethikkommission für Präim­plan­tations­diagnostik vorgenommen werden. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig heute entschieden.

Die Beklagte untersagte der Klägerin mit Bescheid vom 2. Juni 2015, in ihrer Zweignie­der­lassung in München Trophek­to­derm­dia­gno­stiken durchzuführen, ohne dass die Bayerische Ethikkommission für Präim­plan­ta­ti­o­ns­dia­gnostik in jedem Einzelfall eine zustimmende Bewertung abgegeben hat. Die dagegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

VGH: Trophek­to­derm­dia­gnostik erfordert Zustimmung der Ethikkommission

Die von der Klägerin beabsichtigte Untersuchung von muralen Trophek­to­derm­zellen einer Blastozyste sei eine genetische Untersuchung von Zellen eines Embryos i.S.v. § 3 a Abs. 1 ESchG und unterliege damit gemäß § 3 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ESchG dem Erfordernis der vorherigen zustimmenden Bewertung der Bayerischen Ethikkommission für Präim­plan­ta­ti­o­ns­dia­gnostik. Dass die Klägerin die Diagnostik vornehmen wolle, um festzustellen, ob die in vitro befruchtete Eizelle fähig sei, sich in der Gebärmutter einzunisten, und damit die Wahrschein­lichkeit einer Schwangerschaft trotz des ovariellen Alters der Eizelle zu erhöhen, ändere daran nichts.

BVerwG: Trophek­to­derm­dia­gnostik stellt PID dar

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshofs zurückgewiesen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass es sich bei der Trophek­to­derm­dia­gnostik der Klägerin um eine PID i.S.d. § 3 a Abs. 1 ESchG handelt. Die Vorschrift definiert die PID als genetische Untersuchung von Zellen eines Embryos in vitro vor seinem Transfer in die Gebärmutter. Diese Voraussetzungen sind bei der Diagnostik der Klägerin erfüllt. Die Blastozysten, denen die muralen Trophek­to­derm­zellen entnommen werden sollen, sind Embryonen i.S.v. § 8 Abs. 1 ESchG. Danach gilt als Embryo die befruchtete, entwick­lungs­fähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernver­schmelzung an. Entwick­lungs­fä­higkeit meint die Fähigkeit der befruchteten Eizelle zur Zellteilung. Unerheblich ist insoweit, ob die jeweilige Blastozyste die Fähigkeit zur Nidation hat.

Unter­su­chungszweck ohne Bedeutung

Murale Trophek­to­derm­zellen sind unabhängig vom Grad ihrer Ausdif­fe­ren­zierung Zellen eines Embryos i.S.d. § 3 a Abs. 1 ESchG. Die Vorschrift soll den Embryo in vitro davor schützen, ohne recht­fer­ti­genden Grund nicht in den Uterus transferiert zu werden. Für diesen Zweck kommt es nicht darauf an, ob die untersuchten Zellen pluripotent oder nicht mehr pluripotent sind. Auch der von der Klägerin verfolgte Unter­su­chungszweck ist hierfür ohne Bedeutung. Schließlich sind die beabsichtigten Untersuchungen genetische Untersuchungen im Sinne der Vorschrift. Nach den berufungs­ge­richt­lichen Feststellungen handelt es sich bei den von der Klägerin angewandten Unter­su­chungs­ver­fahren um zytogenetische Verfahren, die der Feststellung chromosomaler Fehlver­tei­lungen dienen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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