21.11.2024
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Dokument-Nr. 10466

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Urteil26.10.2010Bundesverwaltungsgericht1 C 19.09
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht München, Urteil08.07.2008, M 4 K 07.4829
  • Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil29.07.2009, 10 BV 08.2411
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil26.10.2010

Kein Bleiberecht nach der Altfall­regelung bei Bezügen zu einer terror­istischen OrganisationVergünstigung der Altfallregelung nur für Ausländer, die mit Sicherheit keine Nähe zu terroristischen Organisationen aufweisen

Intensive Kontakte zu führenden Mitgliedern einer terroristischen Organisation können der Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung (§ 104 a Aufent­halts­gesetz) entgegenstehen. Das hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Im hiesigen Rechtsfall ist der Kläger ein irakischer Staats­an­ge­höriger, der 1997 nach Deutschland kam und hier als Flüchtling anerkannt wurde. Nach dem Widerruf dieser Anerkennung endete auch sein befristeter Aufent­halt­stitel im Oktober 2005. Seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung lehnte die Stadt München im September 2007 u. a. deshalb ab, weil der Kläger Bezüge zu der terroristischen Organisation "Ansar al- Islam" habe. Im Klageverfahren verpflichtete das Verwal­tungs­gericht die Stadt zur Neube­schei­nigung. Die hiergegen eingelegte Berufung der Stadt München hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshofs stehen die vom Kläger eingeräumten Kontakte zu führenden Mitgliedern der terroristischen Organisation "Ansar al-Islam" der Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis nach der Altfallregelung in § 104 a AufenthG nicht entgegen, weil der Kläger durch sein Verhalten oder Handeln nicht eine innere Nähe und Verbundenheit zu einer extremistischen oder terroristischen Organisation erkennbar zum Ausdruck gebracht habe.

Ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten reicht für Ausschluss aus

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat auf die Revision der am Verfahren beteiligten Landes­an­walt­schaft Bayern das Berufungsurteil aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Aufklärung an den Verwal­tungs­ge­richtshof zurückverwiesen. Nach der Altfallregelung kann eine Aufent­halt­s­er­laubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer keine Bezüge zu einer extremistischen oder terroristischen Organisation hat und diese auch nicht unterstützt (§ 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AufenthG). Dieser Ausschlussgrund enthält zwei grundsätzlich eigenständige negative Tatbe­stand­s­al­ter­nativen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat diese Alternativen zu Unrecht miteinander verknüpft und deshalb im Ergebnis zu hohe Anforderungen an das Vorliegen der ersten Alternative (Bezüge zu einer extremistischen oder terroristischen Organisation) gestellt. Der Gesetzgeber wollte ersichtlich die Vergünstigung der Altfallregelung nur solchen ausrei­se­pflichtigen Ausländern zukommen lassen, die mit ausreichender Sicherheit keine Nähe zu terroristischen oder extremistischen Aktivitäten aufweisen. Er hat deshalb den Ausschlussgrund weiter gefasst als die entsprechenden Auswei­sungs­gründe für Ausländer mit rechtmäßigem Aufenthalt. Wenn der Ausländer persönliche Kontakte von hinreichender Intensität zu führenden Mitgliedern einer terroristischen Organisation unterhält und um die Einbindung dieser Personen in eine terroristische Organisation weiß oder hätte wissen müssen, spricht eine Vermutung dafür, dass er selbst Bezüge zu dieser Organisation hat. Gelingt es ihm in einem solchen Fall nicht, die sich aus seinem Verhalten ergebende Vermutung zu widerlegen, kann nicht von einer tatsächlichen Integration ausgegangen werden, wie sie das Bleiberecht voraussetzt. Für den Ausschluss reicht auch ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten aus, solange es an einer glaubhaften Distanzierung des Ausländers fehlt.

Gericht muss klären, ob Kläger damals von terroristische Organisation gewusst hat

Mangels ausreichender tatrich­ter­licher Feststellungen konnte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht nicht selbst abschließend entscheiden, ob die vom Kläger eingeräumten Kontakte, die er in der Vergangenheit zur süddeutschen Führungsebene der vom Berufungs­gericht als terroristisch eingestuften Organisation "Ansar al-Islam" unterhielt, der Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis entgegenstehen. Insoweit wird das Berufungs­gericht insbesondere noch aufklären müssen, ob dem Kläger schon damals die Einbindung dieser Personen in eine terroristische Organisation bekannt war oder zumindest hätte bekannt sein müssen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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