21.11.2024
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Dokument-Nr. 10863

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Bundesverwaltungsgericht Urteil11.01.2011

BVerwG: Zurechnung von Straftaten des Ehegatten bei Altfallregelung verfas­sungsgemäßRegelung führt nicht nur zum Ausschluss des straffälligen Famili­en­mit­gliedes sonder bezieht auch die in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familien­an­ge­hörigen mit ein

Die Regelung in § 10 a Abs. 3 Aufent­halts­gesetz (AufenthG), jedenfalls soweit sie sich auf den Ehegatten und minderjährige Kinder des straffällig gewordenen Famili­en­mit­glieds bezieht, ist verfas­sungsgemäß. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat sich mit der in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage befasst, ob die vom Gesetzgeber im Rahmen der Altfallregelung getroffene Zurech­nungs­re­gelung in § 104 a Abs. 3 Aufent­halts­gesetz (AufenthG) mit dem Verfas­sungsrecht vereinbar ist. Nach dieser Regelung führt die Verurteilung eines in häuslicher Gemeinschaft lebenden Famili­en­mit­gliedes wegen einer vorsätzlichen im Bundesgebiet begangenen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen nicht nur zum Ausschluss dieses Famili­en­mit­gliedes von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung in § 104 a Abs. 1 AufenthG, sondern auch zur Versagung einer entsprechenden Aufent­halt­s­er­laubnis für andere Famili­en­mit­glieder.

Wegen Straftat Aufent­halt­s­er­laubnis abgelehnt

Im vorliegenden Fall begehren die Kläger, ein aus dem Kosovo stammendes, 1992 eingereistes Ehepaar und dessen 1993 geborener Sohn, die Erteilung von Aufent­halt­s­er­laub­nissen, vor allem nach der gesetzlichen Altfallregelung in § 104 a AufenthG. Der Ehemann wurde im März 2007 wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Die Auslän­der­behörde lehnte deshalb die Anträge der Kläger im Januar 2008 ab. Wegen der Verurteilung sei sowohl nach dem landes­recht­lichen Bleibe­recht­s­erlass als auch nach der gesetzlichen Altfallregelung die Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis an den Ehemann und die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familien­an­ge­hörigen ausgeschlossen; ein besonderer Härtefall liege nicht vor. Das Verwal­tungs­gericht hat die Klagen abgewiesen. Die Berufungen der Kläger blieben erfolglos. Das Oberver­wal­tungs­gericht Saarlouis hat Ansprüche nach dem Bleibe­recht­s­erlass und nach der gesetzlichen Altfallregelung wegen der straf­recht­lichen Verurteilung des Ehemannes verneint. Auch wenn die Tat bereits 2002 begangen worden sei, sei die Verurteilung aus dem Jahr 2007 im Bundes­zen­tra­l­re­gister noch nicht getilgt und damit verwertbar. Dieser Umstand führe nach § 104 a Abs. 3 AufenthG auch zur Versagung der Aufent­halt­s­er­laubnis für die Ehefrau und den Sohn. Die Regelung verstoße - entgegen der Ansicht des Verwal­tungs­ge­richtshofs Mannheim in seinem Vorla­ge­be­schluss an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht vom 24. Juni 2009 (Az. 13 S 519/09) weder gegen Art. 6 noch gegen Art. 3 GG.

Revisionen mangels vorliegendem Härtefall erfolglos

Die dagegen gerichteten Revisionen der Kläger hat der 1. Senat zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, in der in § 104 a Abs. 3 AufenthG vorgesehen Zurechnung der Straffälligkeit eines Ehegatten gegenüber dem anderen - strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen - Ehegatten liege kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Ausgangspunkt ist dabei der Charakter der Altfallregelung als einer verfas­sungs­rechtlich und völker­ver­trags­rechtlich nicht gebotenen Vergünstigung für eine bestimmte Gruppe von bereits langjährig in Deutschland lebenden, an sich ausrei­se­pflichtigen Ausländern. Dabei steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestal­tungs­spielraum zu. Dessen verfas­sungs­rechtliche Grenzen, nämlich das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG und sonstige Verfas­sungs­gebote, wie etwa der Schutz der Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG, sind hier nicht überschritten. So liegt ein sachlicher Grund für die Zurechnung von Straftaten der Ehegatten untereinander darin, dass andernfalls im Hinblick auf den Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG häufig ein abgeleitetes Aufent­haltsrecht des von der Altfallregelung ausge­schlossenen straffällig gewordenen Ehegatten entstehen würde, so dass dieser Ausschlussgrund praktisch leerliefe. Soweit der Verwal­tungs­ge­richtshof Mannheim in der Regelung eine verfas­sungs­rechtlich verbotene Benachteiligung der Ehe gegenüber der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft erblickt, trifft dies nicht zu, da als Famili­en­mit­glieder im Sinne von § 104 a Abs. 3 AufenthG auch Partner einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft zu verstehen sind und es deshalb an einer unter­schied­lichen Behandlung fehlt. Soweit Partner einer nichtehelichen Lebens­ge­mein­schaft von der Vorschrift nicht erfasst werden, ist dies verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, weil sie aus dem Schutz der Ehe auch umgekehrt kein Aufent­haltsrecht herleiten können. Aus den gleichen Gründen durfte der Gesetzgeber auch im Hinblick auf die minderjährigen Kinder im Rahmen von § 104 a Abs. 1 AufenthG davon ausgehen, dass sie das aufent­halts­rechtliche Schicksal der Eltern teilen. Da auch kein Härtefall nach § 104 a Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorlag, blieben die Revisionen ohne Erfolg.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ ra-online

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