21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss17.01.2012

Kürzung von Sonderzahlungen für Beamte der Telekom verfas­sungsgemäßBundes­ver­fas­sungs­gericht erklärt Kürzungen zur Stärkung der Wettbe­wer­bs­fä­higkeit für gerechtfertigt

Die Kürzung von Sonderzahlungen für die Beamten der Telekom – den ehemalige Bundesbeamten der Deutschen Post – ist verfas­sungsgemäß. Dies entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht.

Im Zuge der Postreform wurden aus der Deutschen Bundespost die Teilson­der­vermögen Postdienst, Postbank und Telekom gebildet, die im Jahre 1994 in Aktien­ge­sell­schaften umgewandelt wurden. Die Umwandlung erfolgte auf der Grundlage des neu eingefügten Art. 143b GG, der in Absatz 3 Satz 1 bestimmt, dass die ehemals bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten „unter Wahrung ihrer Rechtsstellung“ bei den Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen (Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG und Deutsche Telekom AG) beschäftigt werden. Die Überleitung der Bundesbeamten regelte das hierzu erlassene Postper­so­na­l­rechts­gesetz (PostPersRG). Zunächst konnten die bei den Nachfol­ge­un­ter­nehmen beschäftigten Beamten leistungs­u­n­ab­hängige Sonderzahlungen weiter nach den allgemeinen, für alle Bundesbeamten geltenden Regelungen beanspruchen. Mit der Novellierung des § 10 PostPersRG entfiel gemäß § 10 Abs. 1 PostPersRG für die Beamten der Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen zum 1. Januar 2004 der Anspruch auf Sonderzahlungen nach dem Bundes­son­der­zah­lungs­gesetz, das allen anderen Bundesbeamten ab 2004 eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 5 % der Jahresbezüge gewährte. Für die bei der Deutschen Telekom AG (Telekom) beschäftigten Beamten wurde zwar durch die Telekom-Sonder­zah­lungs­ver­ordnung ein Anspruch auf Sonderzahlungen begründet, der jedoch bei der großen Mehrzahl der Telekom-Beamten hinter dem Betrag zurückblieb, den sie nach dem Bundes­son­der­zah­lungs­gesetz hätten beanspruchen können. Bereits vor der Neuregelung war mit Wirkung zum 1. April 2004 die durch­schnittliche regelmäßige Arbeitszeit der Telekom-Beamten von 38 auf 34 Wochenstunden verkürzt worden.

Telekom-Beamte klagen auf Zahlung höherer Sonderzahlungen

In den drei miteinander verbundenen Ausgangs­ver­fahren klagten drei Telekom-Beamte auf Zahlung des Unter­schieds­betrags zwischen der Sonderzahlung nach dem Bundes­son­der­zah­lungs­gesetz und der geringeren Zahlung nach der Telekom-Sonder­zah­lungs­ver­ordnung. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage der Verfas­sungs­mä­ßigkeit des § 10 Abs. 1 PostPersRG vorgelegt. Die Vorschrift verstoße gegen den allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­grundsatz, weil die Telekom-Beamten durch den Ausschluss von der Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung gegenüber anderen Bundesbeamten ohne tragfähigen Grund benachteiligt würden.

Wegfall der Sonderzahlung verstößt nicht gegen Grundsatz gleicher Besoldung

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass § 10 Abs. 1 PostPersRG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der mit der Vorschrift bewirkte Wegfall der Sonderzahlung verstößt nicht gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Grundsatz der gleichen Besoldung.

Grundsatz gleicher Besoldung für Beamte gilt nicht uneingeschränkt

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Im Bereich der Beamten­be­soldung folgt aus den in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätzen des Berufs­be­am­tentums, dass Beamte eines Dienstherrn mit gleichen oder vergleichbaren Dienstposten derselben Laufbahn in der Regel gleich zu besolden sind. Der Grundsatz der gleichen Besoldung gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Ungleich­be­hand­lungen sind dann zulässig, wenn sie sachlich am Maßstab des allgemeinen Gleich­heits­satzes aus Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen sind. Der Anspruch auf gleiche Besoldung steht auch den ehemals bei der Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten der Telekom im Verhältnis zu den übrigen Bundesbeamten zu. Denn Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG garantiert ihnen nicht nur den bloßen Status als Bundesbeamte, sondern auch die mit diesem Status verbundene, sich aus ihm ableitende umfassende Rechtstellung der Bundesbeamten. Hierzu gehört auch der Anspruch auf gleiche Alimentation der Bundesbeamten. Durch die Weiter­be­schäf­tigung bei einem (privaten) Nachfol­ge­un­ter­nehmen der Deutschen Bundespost sollen sie keine Einbuße in den Rechtpositionen erleiden, die ihr Amt im status­recht­lichen Sinne betreffen. Dadurch ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass aus den Besonderheiten der Tätigkeit der Beamten bei einem privaten Unternehmen Gründe hergeleitet werden, die eine Ungleich­be­handlung mit anderen Bundesbeamten rechtfertigen. Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG vermittelt keinen über den Statusschutz hinausgehenden Schutz. Er schützt somit die Beamten der Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen nicht vor einer Änderung oder Aufhebung einfach­ge­setzlich begründeter Rechtpositionen der Beamten. Dies würde zu einer weder durch die Privatisierung noch anderweitig zu recht­fer­ti­genden Privilegierung gegenüber den sonstigen Bundesbeamten führen, denen auch lediglich der in Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 5 GG wurzelnde Anspruch auf Gleich­be­handlung zusteht, der wegen sachlicher Gründe von hinreichendem Gewicht beschränkt werden kann.

Verfolgtes Ziel der Stärkung der Wettbe­wer­bs­fä­higkeit der Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen rechtfertigt Ungleich­be­handlung

Die Regelung des § 10 Abs. 1 PostPersRG ist mit dem Grundsatz der gleichen Besoldung vereinbar, weil sich die mit der Abschaffung der Sonderzahlung bewirkte Ungleich­be­handlung der Beamten der Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen im Vergleich zu den übrigen Bundesbeamten auf einen sachgerechten und hinreichend gewichtigen Diffe­ren­zie­rungsgrund stützen kann. Das mit dem Wegfall der Sonderzahlung verfolgte Ziel, die Wettbe­wer­bs­fä­higkeit der Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen zu stärken, ist hinreichend gewichtig, um eine Ungleich­be­handlung zu rechtfertigen. Der Bund hat gemäß Art. 87f Abs. 1 GG dafür Sorge zu tragen, dass die privat­wirt­schaftlich tätigen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen flächendeckend angemessene und ausreichende Dienst­leis­tungen anbieten, um eine Unterversorgung der Bevölkerung bei und nach der Privatisierung des Post- und Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­wesens zu verhindern. Maßnahmen zur Beseitigung bestehender Beein­träch­ti­gungen eines funkti­o­nie­renden Wettbewerbs erscheinen daher als Ausformung dieses Infra­s­truk­tur­si­che­rungs­auftrags des Bundes notwendig und zulässig. Des Weiteren ist die Einschätzung des Gesetzgebers verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, dass eine Abmilderung der perso­nal­wirt­schaft­lichen Nachteile der Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen gegenüber anderen privat­wirt­schaft­lichen Unternehmen zur Herstellung vergleichbarer und fairer Wettbe­wer­bs­be­din­gungen geeignet und erforderlich ist.

Gleichzeitige Verkürzung der Woche­n­a­r­beitszeit von Betroffenen muss im Rahmen der Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung berücksichtigt werden

Die durch die Kürzung der Sonderzahlung bewirkte Ungleich­be­handlung der Telekom-Beamten war auch nicht unver­hält­nismäßig. Der vom Bundes­ge­setzgeber vorgenommene Ausgleich zwischen seinen verfas­sungs­recht­lichen Infra­s­truk­tur­pflichten und seiner dienst­recht­lichen Gewähr­leis­tungs­ver­ant­wortung für die früheren Beamten der Deutschen Bundespost ist nicht unangemessen. Mit der gemäß § 10 Abs. 2 PostPersRG geschaffenen Möglichkeit, durch Verordnung gesonderte Leistungs­ent­gelt­re­ge­lungen für die Beamten der Postnach­fol­ge­un­ter­nehmen zu treffen, konnte der Wegfall der Sonderzahlung nach dem Bundes­son­der­zah­lungs­gesetz zumindest teilweise ausgeglichen werden. Darüber hinaus ist im Rahmen der Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung zu berücksichtigen, dass die Woche­n­a­r­beitszeit der vom Wegfall der Sonderzahlung betroffenen Telekom-Beamten gekürzt wurde.

Arbeits­zeit­ver­kürzung verstößt nicht gegen Verbot unfreiwilliger Teilzeit­be­schäf­tigung

Trotz des engen Zusammenhangs mit dieser Arbeits­zeit­ver­kürzung verstößt § 10 Abs. 1 PostPersRG auch nicht gegen das Verbot der unfreiwilligen Teilzeit­be­schäf­tigung von Beamten. Eine Teilzeit­be­schäf­tigung liegt schon deshalb nicht vor, weil die herabgesetzte Woche­n­a­r­beitszeit nicht Bruchteil der Regel­a­r­beitszeit, sondern die neue Regel­a­r­beitszeit ist. Vor allem müsste sich eine Teilzeit­be­schäf­tigung besol­dungs­rechtlich in einer entsprechenden Kürzung des Grundgehalts niederschlagen, das vorliegend jedoch trotz Verkürzung der Arbeitszeit unangetastet blieb. Schließlich ist bei der Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung zu berücksichtigen, dass der Wegfall der Sonderzahlung einen Besol­dungs­be­standteil betrifft, der im Rahmen einer insgesamt amtsan­ge­messenen Alimentation grundsätzlich zur freien Disposition des Besol­dungs­ge­setz­gebers steht.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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