18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 24529

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Beschluss23.10.1991Bundesverfassungsgericht1 BvR 850/88
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DÖV 1992, 151Zeitschrift: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV), Jahrgang: 1992, Seite: 151
  • JuS 1992, 604Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 1992, Seite: 604
  • NJ 1992, 135Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 1992, Seite: 135
  • NJW 1992, 890Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1992, Seite: 890
  • NStZ 1992, 188Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 1992, Seite: 188
  • NVwZ 1992, 455Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 1992, Seite: 455
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Mannheim, Urteil20.10.1986, 22 Ds 26/86
  • Landgericht Mannheim, Urteil30.06.1987, 5 Ns 20/87
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, 05.05.1988, 3 Ss 163/87
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss23.10.1991

BVerfG: Anmeldefrist von 48 Stunden gilt nicht für EilversammlungEilversammlung kann ohne Gefährdung des Demon­strations­zwecks nicht unter Fristbeachtung angemeldet werden

Eine Eilversammlung ist zwar geplant und hat einen Veranstalter, jedoch kann sie ohne Gefährdung des Demon­strations­zwecks nicht unter Einhaltung der Anmeldefrist des § 14 des Ver­sammlungs­gesetzes (VersG) angemeldet werden. Für eine solche Versammlung gilt daher die 48-Stunden-Frist nicht. Eine Eilversammlung ist vielmehr anzumelden, sobald die Möglichkeit dazu besteht. Dies hat das Bundes­verfassungs­gericht entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es Anfang Februar 1986 zu einer Protest­ver­sammlung am Mannheimer Hauptbahnhof. Hintergrund dessen war, dass deutsche Polizeibeamte in das damals unter dem Apart­heits­regime stehende Südafrika Reisen wollten. Der Aufruf zur Protest­ver­sammlung erfolgte 5 Tage zuvor. Da die Versammlung nicht angemeldet war, wurde deren Veranstalter vom Amtsgericht Mannheim im Oktober 1986 wegen Durchführung einer öffentlichen Versammlung unter freien Himmel ohne Anmeldung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 35 DM verurteilt. Die Verurteilung wurde im Wesentlichen vom Landgericht Mannheim und dem Oberlan­des­gericht Karlsruhe bestätigt. Der verurteilte Veranstalter war damit jedoch nicht einverstanden. Er wertete seine Protestveranstaltung als Spontanversammlung, die keiner Anmeldung bedürfe, und legte daher Verfas­sungs­be­schwerde ein.

Keine Anmeldepflicht für Spontan­ver­sammlung

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht folgte zunächst den Ausführungen des Beschwer­de­führers, wonach eine Spontan­ver­sammlung nicht angemeldet werden müsse. Eine solche Versammlung entwickle sich aus einem momentanen Anlass ungeplant und ohne Veranstalter. Eine Anmeldung sei in diesem Fall aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Das Beharren auf die Anmeldepflicht würde zur generellen Unzulässigkeit von Spontan­ver­samm­lungen führen, was mit dem Grundrecht auf Versamm­lungs­freiheit (Art. 8 GG) unvereinbar wäre. Die vom Beschwer­de­führer organisierte Protestaktion sei aber keine solche Spontan­ver­sammlung gewesen, sondern allenfalls eine Eilversammlung.

Verkürzung der Anmeldefrist bei Eilversammlung

Eine Eilversammlung sei im Unterschied zu einer Spontan­ver­sammlung zwar geplant und habe einen Veranstalter, so das Bundes­ver­fas­sungs­gericht, jedoch könne sie ohne Gefährdung des Demon­s­tra­ti­o­ns­zwecks nicht unter Einhaltung der Anmeldefrist angemeldet werden. Das Beharren auf die Anmeldefrist würde zur generellen Unzulässigkeit von Spontan­ver­samm­lungen führen, was mit dem Grundrecht auf Versamm­lungs­freiheit (Art. 8 GG) unvereinbar wäre. Daher sei die Frist zu verkürzen. Eine Eilversammlung sei anzumelden, sobald die Möglichkeit dazu bestehe. Dies werde regelmäßig mit dem Entschluss, eine Versammlung zu veranstalten, spätestens mit dessen Bekanntgabe der Fall sein. Eine Bestrafung allein aufgrund der Versäumung der 48-Stunden-Frist sei nicht möglich, jedoch wegen der versäumten Anmeldung, soweit die Möglichkeit der Anmeldung bestand.

Bestrafung wegen fehlender Anmeldung der Protest­ver­an­staltung

Selbst unterstellt die Protest­ver­an­staltung des Beschwer­de­führers sei eine Eilversammlung gewesen, sei die strafrechtliche Verurteilung nach Auffassung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nicht zu beanstanden. Denn der Beschwer­de­führer sei nicht daran gehindert gewesen, die Veranstaltung überhaupt anzumelden.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

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