Bundesverfassungsgericht Beschluss14.05.1985
BVerfG: Verletzung der Anmeldepflicht rechtfertigt nicht Verbot einer SpontandemonstrationVerbot nur zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und nur bei unmittelbarer Gefährdung dieser Rechtsgüter
Die Verletzung der Anmeldepflicht rechtfertigt für sich genommen nicht das Verbot einer Spontandemonstration gemäß § 15 des Versammlungsgesetzes (VersG). Ein Verbot kommt nur zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter in Betracht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall musste sich das Bundesverfassungsgericht anlässlich geplanter Demonstrationen gegen die Errichtung des Kernkraftwerks Brokdorf im Jahr 1981 unter anderem mit der Frage beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen eine Spontandemonstration verboten werden darf.
Kein Verbot einer Spontandemonstration aufgrund Verletzung der Anmeldepflicht
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Anmeldepflicht gemäß § 14 VersG bei Spontandemonstrationen nicht eingreife und ihre Verletzung nicht automatisch zur Auflösung oder zum Verbot gemäß § 15 VersG berechtige. Eine Auflösung oder ein Verbot könne nur zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter erfolgen. Bloße Belästigungen, die sich zwangsläufig aus der Massenhaftigkeit der Grundrechtsausübung ergeben und sich ohne Nachteile für den Veranstaltungszweck nicht vermeiden lassen, rechtfertige weder die Auflösung noch das Verbot der Spontandemonstration. Solche Belästigungen müssen vielmehr von Dritten hingenommen werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.08.2017
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)