18.10.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss28.07.2016

Adoptivtöchter von Günther Jauch scheitern mit Verfassungs­beschwerde gegen Berich­t­er­stattungBVerfG verneint Verletzung des Rechts auf informationelle Selbst­be­stimmung

Die erneute Veröf­fent­lichung von bereits weit verbreiteten Informationen greift in geringerem Maße in das informationelle Selbst­bestimmungs­recht ein als eine erstmalige Veröf­fent­lichung. Daher müssen die Adoptivtöchter des Fernseh­mo­de­rators Günther Jauch ihre Erwähnung in der Wort­bericht­erstattung hinnehmen, wenn dieselbe Information bereits in mehreren, nicht beanstandeten Artikeln veröffentlicht worden war. Dies entschied das Bundes­verfassungs­gericht und nahm damit die Verfassungs­beschwerden der beiden Adoptivtöchter von Günther Jauch nicht zur Entscheidung an.

Der Fernseh­mo­derator Günther Jauch und seine Ehefrau adoptierten in den Jahren 1997 und 2000 Kinder aus einem sibirischen Waisenhaus, worüber in der Folgezeit in zahlreichen, auch im Internet zugänglichen Presse­ver­öf­fent­li­chungen berichtet wurde. Im Jahr 2011 erschienen in mehreren Zeitschriften Artikel über öffentliche Auftritte des Fernseh­mo­de­rators. In diesen Artikeln wurde in jeweils einem Satz unter Nennung des Vornamens und des Alters erwähnt, dass die beiden Kinder die Adoptivtöchter des Fernseh­mo­de­rators und seiner Ehefrau sind. Die Kinder klagten darauf, den Presseverlagen ihre Nennung als Adoptivtöchter des Fernseh­mo­de­rators zu untersagen. Der Bundes­ge­richtshof wies die Klagen letzt­in­sta­nzlich mit den angegriffenen Urteilen ab. Mit ihren Verfas­sungs­be­schwerden rügen die Kinder im Wesentlichen eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbst­be­stimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG).

Informationelle Selbst­be­stimmung findet ihre Grenze in Meinungs- und Pressefreiheit

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass die angegriffenen Entscheidungen nicht die von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte informationelle Selbst­be­stimmung der Beschwer­de­füh­re­rinnen verletzen. Das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung umfasst die Befugnis der Person, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebens­sach­verhalte offenbart werden. Allerdings findet die informationelle Selbst­be­stimmung ihre Grenze insbesondere in der Meinungs- und Pressefreiheit. Da Kinder und Jugendliche sich erst zu eigen­ver­ant­wort­lichen Personen entwickeln müssen, sind sie in der Wahrung ihrer Persön­lich­keits­rechte besonders schutzbedürftig. Dabei ist das Schutzbedürfnis besonders ausgeprägt, wenn sich die Kinder prominenter Eltern weder durch eigenes Verhalten noch durch ihre Eltern der Öffentlichkeit ausgesetzt haben.

Beanstandete Informationen waren bereits über mehrere Jahre breiten Empfän­ger­kreisen bekannt

Die Abwägungs­ent­scheidung des Bundes­ge­richtshofs, in der er der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) den Vorrang gibt, ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Gegenstand der Berichterstattung war ausschließlich eine Information, die bereits über mehrere Jahre breiten Empfän­ger­kreisen bekannt gemacht worden war. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Folgerung des Bundes­ge­richtshofs keinen verfas­sungs­recht­lichen Bedenken, dass die erneute Veröf­fent­lichung der bereits zugänglichen Information in geringerem Maße in die informationelle Selbst­be­stimmung der Beschwer­de­füh­re­rinnen eingreift als eine erstmalige Veröf­fent­lichung. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass die Beschwer­de­füh­re­rinnen sich als Folge der Berich­t­er­stattung speziellen Verhal­ten­s­er­war­tungen ausgesetzt sehen könnten oder ihnen nicht unbefangen begegnet werden wird. Da allein Vorname, Abstammung und Alter der Beschwer­de­füh­re­rinnen veröffentlicht wurde, ist auch eine optische Erkennbarkeit der Kinder für die breitere Öffentlichkeit nicht gegeben.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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