Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Kurz nach der Geburt ihres gemeinsamen Kindes im Jahr 2003 trennten sich die Eltern. Da es nachfolgend zu Streitigkeiten bezüglich des Umgangsrechts des Vaters mit seinem bei der Mutter lebenden Sohn bestand, kam es zu einem gerichtlichen Umgangsverfahren. Dieses wurde im September 2010 durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. beendet, wonach dem Vater ein Umgang mit seinem Sohn in Begleitung mit einem Umgangspfleger zustand.
Die Umgangskontakte fanden jedoch größtenteils nicht statt, so dass im Februar 2011 das Amtsgericht Frankfurt a.M. von Amts wegen ein Abänderungsverfahren zum Umgangsrecht einleitete und schließlich das Umgangsrecht des Vaters mit seinem Sohn ausschloss. Zur Begründung führte das Gericht an, dass das Kind jeglichen Umgang mit seinem Vater abgelehnt habe. Eine Missachtung des Kindeswillens würde zu einer Kindeswohlgefährdung führen. Es habe sich in einem unlösbaren Konflikt befunden, in dem die Mutter weder wollte noch in der Lage war, ihren Sohn für Umgänge mit dem Vater zu motivieren und der Vater das Kind für den Machtkampf mit der Mutter benutzte. Gegen diese Entscheidung legte der Vater Beschwerde ein.
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. folgte im Wesentlichen der Argumentation des Amtsgerichts und lehnte daher ebenfalls einen persönlichen Umgang für die Dauer von zwei Jahren ab. Zwar sei der Kindeswille von der Mutter beeinflusst worden. Dennoch sei dieser zu berücksichtigen gewesen, da das Kind durch das Gerichtsverfahren seine Beziehung und Bindung zu seiner Mutter als Hauptbezugsperson gefährdet gesehen habe. Das Gericht erlaubte aber einen Briefkontakt des Vaters mit seinem Sohn einmal im Monat. Der Vater war mit dem Umgangsausschluss weiterhin nicht einverstanden und erhob Verfassungsbeschwerde. Er meinte durch die Gerichtsentscheidungen in seinem Elternecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verletzt zu sein.
Das Bundesverfassungsgericht führte zum Fall aus, dass das Umgangsrecht eines Elternteils zwar unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 GG stehe. Dieses Recht gelte hingegen nicht uneingeschränkt. So müsse das Umgangsrecht eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls einer Gefährdung der seelischen oder körperlichen Entwicklung vorliegt. In diesem Zusammenhang komme es maßgeblich auf den Kindeswillen an und zwar selbst dann, wenn der Wille von einem Elternteil bewusst oder unbewusst beeinflusst wurde. Der beeinflusste Wille des Kindes sei nur dann unbeachtlich, wenn die manipulierten Äußerungen des Kindes den wirklichen Bindungsverhältnissen nicht entsprechen. So habe der Fall hier jedoch nicht gelegen. Die Gerichte haben mit zutreffender Argumentation den persönlichen Umgang des Vaters ausgeschlossen.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei der persönliche Umgangsausschluss des Vaters auch verhältnismäßig gewesen. Es sei insofern zu beachten gewesen, dass ihm die Möglichkeit des brieflichen Kontakts mit seinem Sohn eröffnet wurde, um damit ein Interesse an ihm und seinem persönlichen Wohlergehen zu zeigen und die Neugier des Kindes zu wecken.
Der zweijährige Umgangsausschluss sei von der Dauer ebenfalls verhältnismäßig gewesen, so das Bundesverfassungsgericht. Dies gelte insbesondere in Anbetracht dessen, dass nach § 1696 Abs. 1 BGB jederzeit die Möglichkeit besteht, die Umgangssituation erneut gerichtlich überprüfen zu lassen und eine Abänderung des Umgangsausschlusses herbei zu führen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.05.2015
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)