18.10.2024
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Dokument-Nr. 32687

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Bundesverfassungsgericht Beschluss02.02.2023

Erfolglose Verfassungs­beschwerde gegen den Ausschluss aus einem Sportverein wegen NPD-MitgliedschaftSportvereine dürfen NPD-Mitglieder ausschließen

Das Bundes­verfassungs­gerichts eine Verfassungs­beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwer­de­führer, ein langjähriges Mitglied und Landes­vor­sit­zender der National­demokratischen Partei Deutschlands (NPD), wendet sich gegen den Ausschluss aus einem Sportverein und rügt eine Verletzung in seinen Grundrechten.

Der Beschwer­de­führer war Mitglied in einem Sportverein, der mehrfach erfolglos versucht hatte, ihn auszuschließen. Im Jahr 2018 fügte der Verein folgende Regelung als § 2 in seine Satzung ein: "Grundlage der Vereinsarbeit ist das Bekenntnis aller Mitglieder des Vereins zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Der Verein tritt allen extremistischen Bestrebungen entschieden entgegen. Der Verein bietet nur solchen Personen die Mitgliedschaft an, die sich zu diesen Grundsätzen bekennen. Mitglieder von extremistischen Organisationen gleich welcher politischen Ausrichtung, sowie Mitglieder rassistisch und fremden­feindlich organisierter Organisationen oder religiöser Gruppierungen, wie z. B. der NPD und ihre Landesverbände, können nicht Mitglied des Vereins werden." Nach § 7 der Satzung können Mitglieder, die gegen die Satzung verstoßen oder sich vereins­schä­digend verhalten, aus dem Verein ausgeschlossen werden. Ein unehrenhaftes Verhalten liegt danach insbesondere vor, wenn ein Vereinsmitglied Mitglied einer in § 2 der Satzung genannten oder vergleichbaren Organisation ist.

Sportverein schließt NPD-Funktionär aus

Der Beschwer­de­führer wurde 2019 aus dem Verein ausgeschlossen. Dagegen wandte er sich erfolglos zunächst an das Ehrengericht und dann an die Zivilgerichte. Das Oberlan­des­gericht wies die Berufung zurück und führte aus, der Verein­s­aus­schluss sei rechtmäßig. Insbesondere sei die für den Ausschluss des Beschwer­de­führers maßgebliche Satzungs­be­stimmung nicht mit Blick auf eine mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Gleich­heits­satzes oder des Verbots von Benach­tei­li­gungen wegen politischer Anschauungen nichtig. Hier habe das nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Interesse des Beschwer­de­führers, nicht aufgrund seiner politischen Überzeugung aus dem Verein ausgeschlossen zu werden, gegenüber der nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Vereinsfreiheit keinen Vorrang. Es gehe hier nicht um eine missliebige Partei­mit­glied­schaft eines Vereins­mit­glieds; vielmehr sei dem Beschwer­de­führer als Landes­vor­sit­zendem die verfas­sungs­widrige Zielsetzung der NPD zuzurechnen. Er werde in seiner Freizeit­ge­staltung auch nur moderat beeinträchtigt, denn der Beschwer­de­führer habe weiter die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen. Der Beschwer­de­führer rügt mit der Verfassungsbeschwerde insbesondere eine Verletzung des Gleich­be­hand­lungs­gebotes aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Er werde wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt. Das Oberlan­des­gericht verkenne die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts und stelle einseitig auf die Verein­s­au­tonomie ab.

Verfas­sungs­be­schwerde bereits unzulässig

Die Verfas­sungs­be­schwerde ist unzulässig. Die Rüge des Beschwer­de­führers, dass er vom Verein aufgrund seiner „falschen“ politischen Anschauung diskriminiert werde, verfängt nicht. Es kann hier offen bleiben, wie weit das Verbot der Benachteiligung wegen politischer Anschauungen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genau reicht und wen es im Privatrecht inwiefern bindet. In jedem Fall bedarf es des Ausgleichs mit entge­gen­ste­henden Rechten. Dass dies hier eine Entscheidung zugunsten des Beschwer­de­führers vorgeben würde, ist nach den von den Zivilgerichten zu Grunde gelegten konkreten Umständen nicht ersichtlich und ergibt sich auch aus dem Vorbringen des Beschwer­de­führers nicht.

Verein darf rassistischen und fremden­feind­lichen Bestrebungen entgegentreten

Die Rechte der Mitglieder eines Vereins bewegen sich in dem Rahmen, den ein Verein setzt; das Grundrecht der Verei­ni­gungs­freiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG gibt einem Verein insofern grundsätzlich das Recht, über die Aufnahme und den Ausschluss von Mitgliedern selbst zu bestimmen. Zielt ein privater Amateur-Breiten­sport­verein wie hier mit seiner Satzung ausdrücklich auf eine Orientierung an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und tritt er extremistischen, rassistischen und fremden­feind­lichen Bestrebungen entgegen, ist das mit Blick auf die in der Vorgabe zu Vereinsverboten in Art. 9 Abs. 2 GG wie auch im Grundrecht der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1, dem Benach­tei­li­gungs­verbot in Art. 3 Abs. 3 GG und den Maßgaben für Partei­ve­r­bots­ver­fahren in Art. 21 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Wertung nicht zu beanstanden. Hier ist auch weder hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts mit grund­recht­lichen Wertungen unvereinbar wäre. Das Gericht hat bei der Abwägung zwischen der Vereinsfreiheit und dem Interesse, nicht wegen einer politischen Überzeugung aus dem Verein ausgeschlossen zu werden, auch auf die aktive Betätigung des Beschwer­de­führers als Landes­vor­sit­zender der NPD abgestellt.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)

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