18.10.2024
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Dokument-Nr. 21717

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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.07.2015

Verfassungs­beschwerde zum Auskunfts­an­spruch der Presse gegen Bundesbehörden nicht zur Entscheidung angenommenVerfassungs­beschwerde von "Bild"-Chefreporter Hans-Wilhelm Saure nicht angenommen

Ein Journalist ist beim Bundes­verfassungs­gericht mit einer Verfassungs­beschwerde zum Auskunftsrecht von Journalisten gescheitert. In der Beschwerde ging es um die Frage, ob und in welchem Umfang Bundesbehörden Informationen an die Presse herausgeben müssen. Das Bundes­verfassungs­gericht nahm die Verfassungs­beschwerde des Journalisten nicht zur Entscheidung an.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat eine Verfas­sungs­be­schwerde gegen ein Urteil des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts zum presse­recht­lichen Auskunfts­an­spruch nicht zur Entscheidung angenommen. Dieses hatte unter anderem entschieden, dass Auskunfts­ansprüche gegen Bundesbehörden nicht auf die Landes­pres­se­gesetze gestützt werden können. Die Kammer lässt dahinstehen, auf welcher Rechtsgrundlage solche Ansprüche beruhen, da der Beschwer­de­führer jedenfalls im Ergebnis nicht in seinen Grundrechten verletzt ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das Bundes­ver­wal­tungs­gericht diese nur als „Mindestanspruch“ qualifiziert. Denn solange auch die Landes­pres­se­gesetze, deren Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Beschwer­de­führer selbst nicht in Zweifel zieht, keine entsprechenden Ansprüche gewähren, ist für eine Verletzung der Pressefreiheit nichts ersichtlich. Die Landes­pres­se­gesetze gewähren nur Zugang zu bereits vorhandenen Informationen. Der Beschwer­de­führer begehrte demgegenüber Informationen vom Bundes­nach­rich­ten­dienst, über die dieser - zum maßgeblichen Zeitpunkt im fachge­richt­lichen Verfahren - selbst noch nicht verfügte.

Journalist wollte vom Bundes­nach­rich­ten­dienst Auskunft über die NS-Vergangenheit der hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeiter

Der Beschwer­de­führer ist Journalist. Im November 2010 beantragte er beim Bundes­nach­rich­ten­dienst Auskunft über die NS-Vergangenheit der hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeiter. Die Untätig­keitsklage des Beschwer­de­führers wies das Bundes­ver­wal­tungs­gericht letzt­in­sta­nzlich ab (BVerwG, Urteil v. 20.02.2013 - BverwG 6 A 2.12). Der Beschwer­de­führer könne aus Gründen der Gesetz­ge­bungs­kom­petenz seine Auskunfts­ansprüche gegen eine Bundesbehörde nicht auf die Landes­pres­se­gesetze stützen. Das konkrete Begehren des Beschwer­de­führers erfülle auch nicht die Voraussetzungen eines - grundsätzlich in Betracht kommenden - verfas­sungs­un­mit­telbaren Auskunfts­an­spruchs der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

Die Verfas­sungs­be­schwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da jedenfalls im Ergebnis eine Verletzung von Grundrechten nicht ersichtlich ist.

Landes­pres­se­gesetze gewähren nur Zugang zu bereits vorhandenen Informationen

Dahinstehen kann die Frage, ob die Länder im Rahmen ihrer Kompetenzen zur Regelung des Presserechts auch Auskunfts­pflichten gegenüber Bundesbehörden begründen können oder ob solche Regelungen dem Bundes­ge­setzgeber vorbehalten sind. Es kann auch offen bleiben, ob ein Auskunfts­an­spruch unter Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann und wie weit dieser gegebenenfalls reicht. Denn für eine Verletzung der Pressefreiheit ist jedenfalls dann nichts ersichtlich, solange den Presse­an­ge­hörigen im Ergebnis ein Auskunfts­an­spruch eingeräumt wird, der hinter dem Gehalt der Auskunfts­ansprüche der Landes­pres­se­gesetze nicht zurückbleibt. Wenn es den Fachgerichten auf diese Weise gelingt, die Konsequenzen der nach Ansicht des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts nicht wirksam geregelten Auskunfts­ansprüche von Presse­an­ge­hörigen gegenüber Bundesbehörden aufzufangen, kommt eine Verletzung von Grundrechten nicht in Betracht und ist eine Annahme des Verfahrens durch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht angezeigt.

So liegt es hier. Die Auskunfts­ansprüche in den Landes­pres­se­ge­setzen verschaffen nur den Zugang zu solchen Informationen, die bei öffentlichen Stellen vorhanden sind. Die landes­recht­lichen Anspruchs­grundlagen, gegen die der Beschwer­de­führer insoweit keine verfas­sungs­recht­lichen Bedenken vorträgt, beinhalten keinen Anspruch auf Generierung und Verschaffung von Informationen und sonstigem Material. Auch das Infor­ma­ti­o­ns­frei­heitsrecht ermöglicht im Rahmen seines Anwen­dungs­be­reichs nur Zugang zu tatsächlich vorhandenen Informationen.

Demgegenüber richtete sich der vom Beschwer­de­führer geltend gemachte Auskunfts­an­spruch nach den verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen im fachge­richt­lichen Verfahren auf eine Verschaffung von Informationen, über die der Bundes­nach­rich­ten­dienst selbst noch nicht verfügte. Die angefragten Informationen sollten vielmehr zu einem wesentlichen Teil erst von einer eigens zur Aufklärung der in Rede stehenden Geschehnisse eingesetzten Unabhängigen Histo­ri­ker­kom­mission erarbeitet werden. Wird ein solcher, auf Infor­ma­ti­o­ns­be­schaffung gerichteter Auskunfts­an­spruch von den Gerichten nicht zugesprochen, werden Grundrechte folglich nicht offensichtlich verkannt.

Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht (pm/pt)

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