21.11.2024
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Dokument-Nr. 31791

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Bundessozialgericht Urteil19.05.2022

Behinderungs­bedingte Mehrkosten einer Urlaubsreise als soziale Teilha­be­leistung vom Sozia­l­hil­fe­träger zu erstattenUrlaubsreisen als Form der Freizeit­ge­staltung stellt legitimes soziales Teilha­be­be­dürfnis dar

Behinderte Menschen können Eingliederungs­hilfel­eistungen für solche Kosten erhalten, die entstehen, weil sie bei einer Urlaubsreise auf eine Begleitperson angewiesen sind. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Der auf einen Rollstuhl angewiesene, behinderte Kläger beschäftigt zu seiner Pflege rund um die Uhr drei Assistenten. Er unternahm im Juli 2016 eine 7-tägige Schiffsreise auf der Nordsee mit zwei Landausflügen. Einen seiner Assistenten nahm er zur Sicherstellung seiner Pflege auf die Reise mit. Seine eigenen Reisekosten trug der Kläger selbst. Er machte gegenüber dem beklagten Sozia­l­hil­fe­träger die Übernahme der Reisekosten für den Assistenten geltend, was dieser wie auch das Sozialgericht und das Landes­so­zi­al­gericht ablehnten.

Eigene Urlaubskosten keine Leistung der Einglie­de­rungshilfe

Das BSG hat das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts aufgehoben und die Sache an dieses Gericht zurückverwiesen, weil Feststellungen zur abschließenden Entscheidung fehlten. Der Senat wies jedoch darauf hin, dass Urlaubsreisen als Form der Freizeit­ge­staltung ein legitimes soziales Teilha­be­be­dürfnis darstellen. Einen Anspruch gegen den Sozia­l­hil­fe­träger löst jedoch nicht schon das bei dem behinderten Menschen selbst bestehende Urlaubs­be­dürfnis aus, weil dieses bei nicht behinderten wie behinderten Menschen in gleicher Weise entsteht. Kosten für den eigenen Urlaub sind deshalb grundsätzlich nicht als Leistung der Einglie­de­rungshilfe zu übernehmen.

Jährlich einwöchige Urlaubsreise angemessen

Anders kann es bei behin­de­rungs­be­dingten Mehrkosten wie den Reisekosten einer notwendigen Begleitperson liegen. Denn mit diesen Kosten ist der behinderte Mensch allein aufgrund seiner Behinderung konfrontiert. Sie sind als Teilha­be­leistung zu übernehmen, wenn sie vor dem Hintergrund der angemessenen Wünsche des behinderten Menschen notwendig sind. Der Wunsch eines behinderten Menschen, sich jährlich einmal auf eine einwöchige Urlaubsreise zu begeben, ist im Grundsatz als angemessen anzusehen. Dem Senat fehlten jedoch insbesondere Feststellungen dazu, ob dem Kläger die Buchung einer anderen, im Wesentlichen gleichartigen Reise möglich gewesen wäre, die geringere oder keine behin­de­rungs­be­dingten Mehrkosten ausgelöst hätte.

Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (pm/ab)

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