21.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil12.05.2017

Kürzung von Asyl­bewerber­leistungen auf das "unabweisbar Gebotene" verfassungs­rechtlich unbedenklichGrundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums darf an Mitwirkungs­pflichten des Hilfeempfängers geknüpft werden

Das Asyl­bewerber­leistungs­gesetz sieht in § 1 a Nr. 2 in seiner früheren Fassung (wie in der derzeit gültigen Normfassung) die Kürzung der Leistungen auf das "unabweisbar Gebotene" vor und erfasst damit unter anderem Fälle, in denen ein ausrei­se­pflichtiger Leistungs­berechtigter bei der Beschaffung eines Passes als Voraussetzung für seine Abschiebung nicht mitwirkt. Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass diese Regelung verfassungs­rechtlich unbedenklich ist.

Zugrunde lag der Fall eines aus Kamerun stammenden Klägers, dessen Asylantrag bereits im Jahr 2004 abgelehnt worden war, der aber seitdem an der Beschaffung von Passpapieren nicht mitwirkt, obwohl er dazu auslän­der­rechtlich verpflichtet ist. Allein deshalb konnte die Abschiebung des Klägers noch nicht vollzogen werden. Er hat daher nur Sachleistungen zur Sicherung der physischen Existenz (Unterkunft, Kleidung, Ernährung) erhalten, nicht aber Geldleistungen (bis zu 137 Euro monatlich) zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens, also etwa Kosten für Telekom­mu­ni­kation oder öffentlichen Nahverkehr oder auch Freizeit­ak­ti­vitäten (sogenanntes sozio­kul­tu­relles Existenzminimum).

Absenkung der Leistungen kann durch Verhalten des Betreffenden jederzeit geändert werden

Das Bundes­so­zi­al­gericht hält diese Regelung für verfas­sungsgemäß. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums hindert den Gesetzgeber nicht, im Rahmen seines Gestal­tungs­spielraums die unein­ge­schränkte Gewährung existenz­si­chernder Leistungen an die Einhaltung gesetzlicher - hier auslän­der­recht­licher - Mitwirkungspflichten zu knüpfen. § 1 a Nr. 2 Asylbe­wer­ber­leis­tungs­gesetz füllt diesen gesetz­ge­be­rischen Gestal­tungs­spielraum in verfas­sungs­rechtlich zulässiger Weise aus. Die Regelung knüpft die Absenkung der Leistungen an ein Verhalten, das der Betreffende jederzeit ändern kann. Die Vorschrift sieht weiter vor, dass die Bedürfnisse des konkreten Einzelfalls maßgeblich sind.

Kläger war sich über Möglichkeiten zur Beendigung der Leistungs­ab­senkung bewusst

Auch dass der Kläger hier über Jahre nur abgesenkte Leistungen erhalten hat, war verfas­sungs­rechtlich unbedenklich, denn er war sich der Möglichkeiten zur Beendigung der Leistungs­ab­senkung bewusst. Er war regelmäßig und unter Hinweis auf zumutbare Handlungs­mög­lich­keiten zur Mitwirkung aufgefordert und auch mehrfach der kamerunischen Botschaft vorgeführt worden. Der Erhalt ungekürzter Leistungen nach dem Asylbe­wer­ber­leis­tungs­gesetz setzt damit zwar voraus, dass der Ausländer aktiv daran mitwirkt, seinen Aufenthalt im Inland zu beenden. Diese Verknüpfung des Leistungs- mit dem Ausländerrecht ist bei bestehender Ausreisepflicht nicht zu beanstanden.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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