Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist eine Gemeinschaftspraxis, die aus Fachärzten für Anästhesie besteht. Der Praxis angegliedert ist ein Operationszentrum, in dem Chirurgen unter Mitwirkung dieser Anästhesisten ambulante Operationen durchführen. Die Anästhesisten hatten sich nach den Feststellungen des Sozialgerichts auf eine solche Kooperation auch mit den am selben Ort vertragsärztlich zugelassenen Chirurgen Dres. P., S. und B. eingestellt. Diese führten ambulante Operationen jedoch in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus durch, das bei ihr angestellte Krankenhausärzte als Anästhesisten zur Verfügung stellte. Die Abrechnung der Leistungen erfolgte auf der Grundlage eines Vertrages gemäß § 115 b SGB V unmittelbar im Verhältnis zwischen dem Krankenhaus bzw seiner Trägerin und den Krankenkassen.
Die Klägerin machte geltend, die Handlungsweise der Beklagten sei rechtswidrig, sie habe unzulässigerweise in den Räumen ihres Krankenhauses ambulante Operationen durch Vertragsärzte in Kooperation mit ihren Anästhesisten durchführen lassen; dies sei nicht durch § 115 b SGB V iVm dem AOP-Vertrag gedeckt. Die Beklagte erklärte im August 2006, ihre Handlungsweise einzustellen. Wegen der bis dahin bereits durchgeführten Operationen ohne die Anästhesisten der Klägerin erhob diese im Oktober 2006 Klage. Sie forderte von der Beklagten, ihr Auskunft über die in Kooperation mit den Chirurgen Dres. P., S. und B. durchgeführten Behandlungen zu erteilen und ihr den sich daraus ergebenden - ihr entgangenen - Gewinn zu ersetzen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen: Die Durchführung ambulanter Operationen im Krankenhaus durch vertragsärztlich zugelassene Chirurgen sei weder nach § 115 b SGB V noch nach dem AOP-Vertrag verboten. Dieser enthalte keine Beschränkung der Leistungserbringung durch Vertragsärzte. Unter einem "belegärztlich tätigen Vertragsarzt" im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 2 AOP-Vertrag sei jeder Vertragsarzt zu verstehen, der im Krankenhaus ambulant operiere. Nach alledem liege kein rechtswidriges Verhalten der Beklagten vor. Das Schadensersatzverlangen der Klägerin scheitere zudem daran, dass nicht festgestellt werden könne, dass ohne das Verhalten der Beklagten die Operateure gerade im Operationszentrum der Klägerin operiert und deren Anästhesisten herangezogen haben würden.
Das Bundessozialgericht war anderer Auffassung und wies das Verfahren zurück an das Sozialgericht. Das Gericht wies darauf hin, dass ein Krankenhaus, das in seinen Räumen ambulante Operationen in einer Weise durchführen lässt, die nicht durch die maßgeblichen Vorschriften gedeckt sind (§ 115 b SGB V in Verbindung mit dem "Vertrag nach § 115 b Abs. 1 SGB V – Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus", so genannter AOP-Vertrag), so kann das Schadensersatzansprüche vertragsärztlich tätiger Anästhesisten auslösen, sofern diese geltend machen können, bei korrektem Vorgehen des Krankenhauses wären sie in größerem Umfang zur Mitwirkung bei ambulanten Operationen herangezogen worden.
Werden die Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten, die durch § 115 b SGB V und den AOP-Vertrag eingeräumt sind, so wird in den Vorrang der Vertragsärzte für die ambulante vertragsärztliche Versorgung eingegriffen. Diese haben einen im Status ihrer Zulassung wurzelnden Abwehranspruch gegen die Leistungserbringung anderer Ärzte und Institutionen, wenn diese nicht regelkonform im ambulanten Bereich tätig werden. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts zur Abwehr rechtswidrig tätiger Konkurrenten. Solche Rechtsverstöße können Auskunftsansprüche und gegebenenfalls auch Schadensersatzansprüche gegen den Krankenhausträger begründen, wenn der Vertragsarzt dadurch wirtschaftliche Einbußen erlitten hat. Ob das Verhalten des Krankenhauses, in dessen Räumen ambulante Operationen in rechtswidriger Weise durchgeführt wurden, die klagende Gemeinschaftspraxis schädigte, wird das Sozialgericht festzustellen haben, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wird: Es wird zu prüfen haben, ob die Chirurgen sonst ihre Operationen in relevantem Umfang im Operationszentrum der Klägerin durchgeführt und dafür deren Anästhesisten hinzugezogen hätten.
Nach den Regelungen des § 115 b SGB V und des AOP-Vertrages (die hier in der 2005/06 geltenden Fassung anzuwenden sind) gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, dass Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses ambulante Operationen durchführen durften. Der AOP-Vertrag sieht nur ambulante Operationen durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte vor, in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses. Darin sind Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden sind, nicht vorgesehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.03.2011
Quelle: Bundessozialrecht/ra-online