21.11.2024
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Dokument-Nr. 10899

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Urteil18.01.2011BundessozialgerichtB 4 AS 99/10 R und B 4 AS 29/10 R
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Bundessozialgericht Urteil18.01.2011

BSG: Für Weiter­be­wil­ligung von Arbeits­lo­sengeld II ist Fortzah­lungs­antrag erforderlichLeistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts müssen in der Regel erst ab Eingang des Fortzah­lungs­antrag gewährt werden

Für die Weiter­be­wil­ligung von Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts nach der Beendigung des Bewil­li­gungs­ab­schnitts ein Fortzah­lungs­antrag erforderlich ist. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Die Kläger des Verfahrens zu dem Aktenzeichen B 4 AS 99/10 R bezogen zwischen März und August 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts nach dem SGB II. Im Juli 2008 übersandte der beklagte Grund­si­che­rungs­träger den Klägern ein Schreiben, in dem er darauf hinwies, dass der Leistungsbezug am 31. August 2008 ende und da Leistungen nur auf Antrag zu gewähren seien ein Fortzah­lungs­antrag rechtzeitig vor dem Ablauf des Bewil­li­gungs­zeitraums gestellt werden müsse. Den Fortzah­lungs­antrag stellten die Kläger alsdann am 26. September 2008, also erst rund 3 1/2 Wochen nach Ablauf des vorangegangenen Bewil­li­gungs­zeitraums. Daraufhin bewilligte der Beklagte ab diesem Tag bis Ende Februar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts.

Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts mussten erst ab Eingang des Fortzah­lungs­antrags gewährt werden

Die Entscheidung des Beklagten, ihnen auch erst ab dem Eingang des Fortzah­lungs­antrags Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts weiter zu gewähren, hat das Bundes­so­zi­al­gericht – ebenso wie die Vorinstanzen – bestätigt. Für die 3 1/2wöchige Zwischenzeit mangelte es an einem Leistungsantrag, der im Grund­si­che­rungsrecht für Arbeitsuchende anspruchs­aus­lösend ist. Anders als im Sozia­l­hil­ferecht reicht insoweit nicht schon die bloße Kenntnis des Leistungs­trägers von der Hilfe­be­dürf­tigkeit. Da der, das Antrags­er­for­dernis normierende § 37 SGB II zudem keine gesetzliche Frist bestimmt, konnte ihnen auch keine Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand gewährt werden. Anspruch auf Leistungen für den Zwischenraum haben die Kläger auch nicht auf Grund eines sozia­l­recht­lichen Herstel­lungs­an­spruchs, denn der Beklagte hatte die Kläger zeitnah vor Ablauf des vorangegangenen Bewil­li­gungs­zeitraums auf das Antrags­er­for­dernis hingewiesen und einen entsprechenden Antrag übersandt.

Fortzah­lungs­antrag erst rund sechs Wochen nach Ablauf Bewil­li­gungs­zeitraums gestellt

In dem Fall zu dem Aktenzeichen B 4 AS 29/10 R war die Ausgangs­si­tuation insoweit etwas anders, als der Kläger, der durchgehend seit dem 1. Januar 2005 Arbeits­lo­sengeld II bezog, nach dem ersten Bewil­li­gungs­ab­schnitt ohne einen Fortzah­lungs­antrag gestellt zu haben von dem Beklagten weiterhin Leistungen erhalten hatte. Der Beklagte hatte in dem Weiter­be­wil­li­gungs­be­scheid auch nur darauf hingewiesen, dass ein Fortzah­lungs­antrag rechtzeitig vor Ablauf des Bewil­li­gungs­ab­schnitts (vier Wochen) gestellt werden müsse. Den Fortzah­lungs­antrag für den dritten Bewil­li­gungs­zeitraum stellte der Kläger dann erst rund sechs Wochen nach Ablauf des zweiten Bewil­li­gungs­zeitraums und der Beklagte gewährte Leistungen auch in diesem Fall erst ab Eingang des Fortzah­lungs­antrags.

Grund­si­che­rungs­träger unterlässt pflichtwidrig Hinweis auf Notwendigkeit der Weiter­be­an­tragung von Leistungen

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts, das das Handeln des Beklagten für rechtmäßig befunden hat, aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen. Zwar mangelt es auch hier für den Zwischen­zeitraum an einem Fortzah­lungs­antrag. Allerdings könnte der Kläger einen Leistungs­an­spruch auf Grund eines sozia­l­recht­lichen Herstel­lungs­an­spruchs haben, weil der Beklagte es pflichtwidrig unterlassen hat, den Kläger zeitnah vor dem Ende des vorhergehenden Bewil­li­gungs­ab­schnitts auf die Notwendigkeit der Weiter­be­an­tragung von Leistungen hinzuweisen. Eine derartige Nebenpflicht ergibt sich aus dem Sozia­l­rechts­ver­hältnis, begründet durch die Leistungs­ge­währung im vorhergehenden Bewil­li­gungs­ab­schnitt, sowie aus der konkreten Fallkon­stel­lation, in der dem Kläger bereits einmal Leistungen ohne Fortzah­lungs­antrag weitergewährt worden waren. Ob der Kläger allerdings wegen dieses Beratungs­mangels des Beklagten den Fortzah­lungs­antrag nicht rechtzeitig gestellt hat, vermochte der Senat nach den Feststellungen des Landes­so­zi­al­ge­richts nicht zu beurteilen. Hiervon hängt alsdann ab, ob der Kläger auch für die sechs Wochen zwischen dem zweiten und dritten Bewil­li­gungs­zeitraum einen Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld II hat.

§ 37 SGB II - Antrags­er­for­dernis - lautet:

(1) Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden auf Antrag erbracht.

(2) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Treten die Anspruchs­vor­aus­set­zungen an einem Tag ein, an dem der zuständige Träger von Leistungen nach diesem Buch nicht geöffnet hat, wirkt ein unverzüglich gestellter Antrag auf diesen Tag zurück.

§ 41 SGB II - Berechnung der Leistungen - lautet:

(1) …… Die Leistungen sollen jeweils für sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden. …… Der Bewil­li­gungs­zeitraum kann auf bis zu zwölf Monate bei Berechtigten verlängert werden, bei denen eine Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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