18.10.2024
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Dokument-Nr. 7153

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Bundessozialgericht Urteil16.12.2008

Ein-Euro-Job mit Arbeitszeit von 30 Stunden kann zulässig seinBei Nichtannahme eines Ein-Euro-Jobs kann Regelleistung gekürzt werden

Ein-Euro-Jobber müssen eine Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche grundsätzlich hinnehmen. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Der Kläger, der eine Ausbildung zum Ingenieur für Kunststoffe absolviert hat, steht seit September 2001 im Bezug von Leistungen wegen Arbeits­lo­sigkeit. Die beklagte Arbeits­ge­mein­schaft bot ihm im August 2005 eine bis 17. Dezember 2005 befristete Arbeits­ge­le­genheit gegen eine Mehrauf­wand­s­ent­schä­digung von 1,50 €/Stunde als Gemein­de­a­r­beiter im Umfang von wöchentlich 30 Stunden an. Der Kläger trat die Arbeits­ge­le­genheit nicht an. Daraufhin senkte die beklagte Arbeits­ge­mein­schaft die Regelleistung (Arbeits­lo­sengeld II) für Oktober bis Dezember in Höhe von bisher 345 Euro monatlich um 30 vH (= 103,50 Euro). Hiergegen wandte sich der Kläger ua mit der Begründung, die angebotene Tätigkeit überschreite mit 30 Stunden das Maß des Zulässigen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, das Landes­so­zi­al­gericht ihr teilweise stattgegeben.

BSG: Angebotene Arbeits­ge­le­genheit entsprach gesetzlichen Anforderungen

Der 4. Senat des Bundes­so­zi­al­ge­richts hat am 16. Dezember 2008 im Verfahren B 4 AS 60/07 R entschieden, dass die Beklagte dem Kläger eine Arbeits­ge­le­genheit angeboten hat, die den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Arbeits­ge­le­gen­heiten sind nach der geltenden Gesetzeslage keine Gegenleistung für die dem Hilfe­be­dürftigen gewährten Grund­si­che­rungs­leis­tungen, sondern sie gehören zum Katalog der in § 16 SGB II geregelten Einglie­de­rungs­leis­tungen. Arbeits­ge­le­gen­heiten sind ein Instrument der Grund­si­che­rungs­träger zur Umsetzung des Grundsatzes des Förderns. Dabei steuert nach den Umständen des Einzelfalls das ungeschriebene Merkmal der Erfor­der­lichkeit der Leistung für die Eingliederung die Dauer und die zeitliche Inanspruchnahme des Hilfe­be­dürftigen. Hingegen existiert eine starre zeitliche Grenze für die Inanspruchnahme nicht.

BSG verweist Rechtsstreit zurück

Voraussetzung für eine Absenkung des Arbeits­lo­sen­geldes II ist ferner, dass das Angebot der Arbeits­ge­le­genheit hinreichend bestimmt war und der Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsangebot über die Rechtsfolgen einer Ablehnung verständlich, richtig und vollständig belehrt worden ist. Da das Landes­so­zi­al­gericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, musste der Rechtsstreit zurückverwiesen werden. Das Landes­so­zi­al­gericht wird insbesondere prüfen müssen, ob dem Kläger ein Arbeitsangebot unterbreitet worden ist, das die erforderlichen Angaben zur Art der Tätigkeit, zur wöchentlichen Arbeitszeit, zur zeitlichen Lage der Arbeitszeiten und zum Umfang der Aufwand­s­ent­schä­digung enthielt. Zudem muss festgestellt werden, ob dem Kläger eine den Umständen des Einzelfalls genügende Rechts­fol­gen­be­lehrung erteilt worden ist, die sich nicht in einer bloßen Wiederholung des Geset­zes­wortlauts erschöpft.

Hinweis zur Rechtslage:

Erläuterungen
§ 16 Abs. 3 SGB II

(3) Für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeits­ge­le­gen­heiten geschaffen werden. Werden Gelegenheiten für im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten nicht nach Absatz 1 als Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nahmen gefördert, ist den erwerbsfähigen Hilfe­be­dürftigen zuzüglich zum Arbeits­lo­sengeld II eine angemessene Entschädigung für Mehrauf­wen­dungen zu zahlen; diese Arbeiten begründen kein Arbeits­ver­hältnis im Sinne des Arbeitsrechts; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundes­ur­laubs­gesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfebedürftige nur wie Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeitnehmer.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 16.12.2008

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