15.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil18.11.2014

Anspruch auf Fahrtkosten für Ausübung des Umgangsrechts mit dem eigenen Kind besteht nur in Höhe des günstigsten BahnticketsLeistungs­berechtigter muss bei Ausübung des Umgangsrechts kosten­güns­tigste und zumutbarste Variante zur Bedarfsdeckung wählen

Das Jobcenter muss Fahrtkosten, die einem Leistungs­berechtigten durch die Ausübung des Umgangsrechts mit seinem eigenen Kind entstehen, nur in Höhe des günstigsten Bahntickets (hier: Bayernticket) übernehmen. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Fall übte der Kläger sein Umgangsrecht als geschiedener Vater einer 10- bzw. 11-jährigen Tochter aus, indem er sie alle vierzehn Tage am Freitagabend bei der rund 140 km entfernt von ihm lebenden Mutter abholte und sie am Sonnta­g­nach­mittag dorthin zurückbrachte. Wegen der Kosten für die mit seinem eigenen PKW durchgeführten Fahrten machte der Arbeits­lo­sengeld II beziehende Kläger beim beklagten Jobcenter einen Mehrbedarf geltend.

Anspruch auf Mehrbe­da­rfs­leistung besteht nur in Höhe der Kosten für günstigstes Bahnticket

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat einen Anspruch des Klägers auf eine Mehrbe­da­rfs­leistung für die Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter von mehr als 340 Euro, also der Kosten für das günstigste Bahnticket, verneint. Zwar lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Mehrbedarfs dem Grunde nach vor. Der Höhe nach bestanden jedoch Einspa­r­mög­lich­keiten durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Bei der Bestimmung der grund­si­che­rungs­rechtlich gebotenen Einspa­r­mög­lichkeit hinsichtlich der Aufwendungen für die Ausübung des Umgangsrechts ist Ausgangspunkt die verfas­sungs­rechtliche Absicherung dieses Rechts durch Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass Leistungen nach § 21 Abs. 6 SGB II Ausfluss des Anspruchs auf Gewährleistung des Existenz­mi­nimums im Sinne des Art. 1 in Verbindung mit Art. 20 des Grundgesetzes sind. In diesem Rahmen ist andererseits bei der Beurteilung der "Einspa­r­mög­lich­keiten" zu beachten, dass die getätigten Ausgaben im Sinne eines durch Grund­si­che­rungs­leis­tungen zu deckenden Bedarfs aus Sicht eines verständigen Leistungs­be­rech­tigten nicht offenkundig außer Verhältnis zu dem stehen dürfen, was einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht.

Kosten des Umgangsrechts müssen angemessen im Sinne des Grund­si­che­rungs­rechts sein

Die Aufwendungen für die Kosten des Umgangsrechts müssen demnach unter Berück­sich­tigung der Umstände des Einzelfalls angemessen im Sinne des Grund­si­che­rungs­rechts sein; der Leistungs­be­rechtigte muss also die kosten­güns­tigste und gleichwohl im Hinblick auf den verfas­sungs­recht­lichen Schutz des Umgangsrechts verhält­nis­mäßige sowie zumutbare Variante zur Bedarfsdeckung wählen. Er hat nur Anspruch auf Leistungen in deren Höhe. Unter Berück­sich­tigung dessen hat der Kläger hier lediglich einen grund­si­che­rungs­rechtlich zu deckenden Bedarf in Höhe der durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehenden Aufwendungen.

Hinweise zur Rechtslage:

Erläuterungen

§ 21 Abs. 6 SGB II

(1) Bei Leistungs­be­rech­tigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht.

(2) Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berück­sich­tigung von Einspa­r­mög­lich­keiten der Leistungs­be­rech­tigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durch­schnitt­lichen Bedarf abweicht.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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